: Wenn der „kostenlose Urlaub“ teuer zu stehen kommt
Die dubiose Firma Century Expert lockt „Urlaubstester“, doch ihre dreisten Verkäufer wollen vor allem sündhaft teure „Dauerwohnrechte“ losschlagen ■ Von Jürgen Lossau
Das Angebot klingt einladend: „Urlaubstester gesucht!“ In großformatigen Anzeigen malt die Firma Century Expert aus Glinde bei Hamburg himmelblaue Perspektiven. „Nach sensationellen Erfolgen in den USA, in England und Frankreich stellen wir nun auch in der Bundesrepublik eine neue Form des Urlaubs vor“, preist die Firma. Näheres erfährt der Anzeigenleser freilich nicht. Nur soviel: „Beurteilen Sie unsere neue Urlaubsidee. Als Dankeschön können Sie folgende Preise gewinnen: 1. Eine Woche Jamaika, 2. Eine Woche Florida.“
Für gut zwei Stunden soll man zu einer Meinungsumfrage nach Glinde eilen — und die Ehefrau muß unbedingt mitkommen. In dem Brief, den alle erhalten, die sich auf die Anzeige schriftlich oder telfonisch melden, heißt es: „Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch! Einer unserer Superpreise ist Ihnen sicher. Ihren Gewinn erhalten Sie im Anschluß an unser Gespräch.“
Wer näheres zunächst am Telefon erfahren will, erhält von Century Expert nur die Mitteilung, man möge doch zunächst zur Präsentation der neuen Idee kommen. Dann könne man in Ruhe über alles sprechen.
Doch der Schein vom schnell erhaschten Traumurlaub trügt. Die Einladung zum Test erweist sich lediglich als großangelegte Werbeveranstaltung für den Verkauf von „Dauerwohnrechten“, kaltes Buffet und Getränke sind inklusive. Nur wer einen der mehrere tausend Mark teuren Verträge mit der dubiosen Firma aus Glinde abschließt, hat Aussicht auf einen der angepriesenen Preise.
So manches Ehepaar wurde so auf's Glatteis geführt. Vollmundig werden im Beratungsgespräch Feriennutzungsrechte für 10.000 bis 16.000 Mark an das Paar gebracht. Zum Beispiel ein Dauerwohnrecht im Century Club Todtmooser Hof, beschränkt auf zwei Wochen pro Jahr, zum Preis von 10.000 Mark. Einmal in den Klauen der agilen Verkäufer, fällt es nicht jedem der emsig Umworbenen leicht, die Räume der Century Expert in der Humboldtstraße zu verlassen, ohne nicht doch einen der Verträge unterschrieben zu haben.
Viele Betroffene fühlen sich im Nachhinein übertölpelt. Doch wer einmal unterschrieben hat, kommt aus den Century-Verträgen nicht mehr so leicht heraus. In der Regel erwarten diejenigen, die ihre Verträge wieder lösen wollen, massive Mahnbescheide und Drohungen mit Konventionalstrafen und Lohnpfändungen. Ein gesetzlich vorgeschriebenes Rücktrittsrecht wird einfach nicht eingeräumt.
Hinter den rüden Geschäftsmethoden der Century Expert steht der Hamburger Kaufmann Dirk Schmoock — kein Unbekannter auf dem Gebiet dubioser Geschäfte. Schon 1981 warb er für die problemlose Geldbeschaffung: „Kredite bis zu 60.000 Mark ohne Rückfragen beim Arbeitgeber, ohne Bürgen — Vertrauen gegen Vertrauen“. Ähnlich wie bei seiner Urlaubstest-Information wurden auch hier die Vertragsbedingungen erst beim „Beratungsgespräch“ offenbart. So mußte als „Sicherheit für die Geldgeber“ eine Lebensversicherung bei der Düsseldorfer Securitas-Gilde AG abgeschlossen werden — Dirk Schmoock arbeitete damals für dieses Unternehmen und erhielt 3,5 Prozent der jeweiligen Versicherungssumme. So strich er innerhalb eines halben Jahres Provisionen in Millionenhöhe ein. Doch keiner der Kredite erreichte Schmoocks Kunden. Die Securitas selbst wußte von seinen Methoden nichts und entließ die Geworbenen aus den Verträgen, nachdem der Schwindel aufgeflogen war.
Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg leitete 1981 ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachtes auf Betrug gegen Schmoock ein. Später wurde er vom Amtsgericht Hamburg zu 4.000 Mark Geldbuße verurteilt, weil er versäumt hatte, in seinen Werbeunterlagen den effektiven Jahreszins anzugeben.
Das Branchenblatt 'kapitalmarkt- intern‘ warnt nachdrücklich vor Schmoocks neuester Methode, schnell das große Geld zu machen: „Täglich erreichen uns massive Beschuldigungen gegen die Methoden der Century Expert. Diese reichen von nicht eingehaltenen Zusagen und Knebelverträgen bis zu gesetzeswidriger Werbung und Urkundenfälschung.“
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