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Hessen — Schlaraffenland der Zukunft

■ Ministerpräsident Eichel verspricht eine „Architektur einer neuen Politik“/ Atompolitik ohne Zukunft

Wiesbaden (taz) — Der noch taufrische hessische Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) hat gestern vor dem Landtag seine Regierungserklärung abgegeben: „Mit Augenmaß, solide und ohne Hektik“ soll in Hessen nach dem Willen der Koalitionspartner SPD und Grüne wieder sozialökologische Reformpolitik gemacht werden, denn die Politik von heute könne nicht die „Blaupause der gestrigen nur mit ausgewechselten Rahmendaten“ sein. In seiner knapp zweistündigen Rede benannte der Ministerpräsident die Schwerpunkte seiner Regierungspolitik der „Freiheit und Toleranz, der Solidarität, des sozialen Denkens, des neuen Umgangs mit der Natur, der Menschlichkeit und der sozialen Wärme“. So hat nach dem Willen der Koalitionsparteien die Atomenergie in Hessen keine Zukunft mehr. Die Landesregierung will ihre Kompetenzen in Hanau und in Biblis „umfassend und zum Wohle der Bevölkerung ausschöpfen“. Der Ausstieg aus der Atompolitik soll von einer erneuerten Energiepolitik begleitet werden — und eine noch zu gründende Energieagentur „Hessen- Energie“ soll die Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Gewerbebetrieben und den kommunalen EVUs gewährleisten.

Neben der Energie- und Umweltpolitik war die Sozialpolitik — vor allem die Frauenpolitik — das zentrale Thema der Regierungserklärung. Eichel kündigte ein Frauengleichberechtigungsgesetz an und versprach den Einsatz des Landes auf Bundesebene bei der Schaffung einer Pflegeversicherung. Und die Wohnungsbaupolitik wird unter Eichel ein Schwerpunkt der Regierungsaktivitäten werden.

Ein klares Wort von Eichel auch zum Problemfall Rhein-Main-Flughafen: Es wird keine Erweiterung der Start- und Landekapazitäten des Airports geben und auch keine Verlagerung des Flugverkehrs in die Region. Künftige Kapazitätsprobleme seien durch ein „verbessertes Nutzungskonzept“ zu lösen.

Ein „Überraschungsbonbon“ hatte Eichel in seiner an die Koalitionsvereinbarungen angelehnten Regierungserklärung dann doch noch im Angebot: Berlin soll Hauptstadt und Regierungssitz werden, denn diese Lösung trage der deutschen Einheit „nach innen wie nach außen“ Rechnung. Den Weg zu dieser „Einsicht“ hatte die Landtagsfraktion der Grünen bereits in der letzten Woche geebnet. Unter dem neuen Fraktionschef Rupert von Plottnitz hatte sich die Mehrheit der grünen Landtagsabgeordneten bereits von der real existierenden Option Bonn verabschiedet.

Hessen will sich — so Eichel in seiner Erklärung — dafür einsetzen, in einer neuen deutschen Verfassung den Föderalismus zu stärken. Die Beziehungen zum Nachbarland Thüringen sollten ausgebaut werden. Klaus-Peter Klingelschmitt

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