: Luftangriffe der Thais auf Burmas Rebellen
■ Seit dem Februar-Putsch hat die thailändische Führung ihre Beziehung zur burmesischen Militärjunta „entscheidend verbessert“/ Die burmesische Armee verstärkt ihre Angriffe auf die Stützpunkte der Opposition im Grenzgebiet
Seit dem „Soft-Putsch“ vom 23. Februar regiert in Thailand wieder das Militär. Der „national peacekeeping Council“ (NPC) hat sich seit der Machtübernahme alle erdenkliche Mühe gegeben, zumindest nach außen hin die Zustände wieder „normal“ erscheinen zu lassen: eine Regierungsmannschaft hat unter einer Interimsverfassung zu arbeiten begonnen — und die Panzer sind längst wieder von den Straßen Bangkoks verschwunden.
Eine Veränderung aber, die thailändische Diplomaten bereits am Tag nach dem Putsch vorhersagten, beginnt sich derzeit brutal und blutig zu bewahrheiten: die thai-burmesischen Beziehungen, so war in der Bangkoker 'Nation‘ Ende Februar zu lesen, würden sich aller Voraussicht nach während der Interimsregierung des NPC „entscheidend verbessern“. Als inoffizielle Absichtserklärung zu dieser engen, nachbarschaftlichen Kooperation war der Besuch des Oberkommandierenden der thailändischen Streitkräfte, General Sunthorn, am Vorabend des Putsches gewertet worden. Am Tag darauf gratulierte der burmesische Juntachef, General Saw Maung, seinem thailändischen Counterpart zu der „noblen Tat, die Situation in Thailand gerettet“ zu haben. Vor Burma hatte nur die Volksrepublik China die neue Regierung Thailands anerkannt. Die Regierungen beider Staaten verbindet das Stigma, 1988 beziehungsweise 1989 Protestbewegungen mit blutiger Gewalt niedergeschlagen zu haben.
Wenn der nun bald vierzigjährige Bürgerkrieg in Burma auch weitgehend unbeobachtet von der Weltöffentlichkeit geführt wird, wäre er doch ohne die ambivalente Haltung der Chinesen und der Thais kaum denkbar. So gibt es eine enge militärische Zusammenarbeit beider Staaten mit der Junta, die sich SLORC (State Law and Order Restoration Council) nennt, zugleich aber weiß man von chinesischen Waffen und Kampftraining für die Rebellentruppen der ethnischen Minderheiten.
Die Thais schienen bislang vor allem aus finanziellen Überlegungen heraus ihre Gunst verteilt zu haben — ihre Militärs sind maßgeblich an der Abholzung des burmesischen Regenwalds beteiligt, und entlang der Grenze blüht ein traditionell „geduldeter“ Schwarzmark. Die Grenze war in den vergangenen Jahren nicht nur für Schieber offen, sie erlaubte auch Flüchtlingen das Entkommen. Seit Dezember 1990 bot der jederzeit überquerbare Moei-River außerdem die strategische Voraussetzung dafür, eine Gegenregierung auf burmesischem Gebiet zu bilden.
Offenbar will die neue Militärregierung Thailands diesen Kurs einer indirekten Unterstützung der Opposition nun beenden. Anfang März berichteten burmesische Studenten bereits von verschärften Repressionen gegen Flüchtlinge in Bangkok und von einigen Zwischenfällen an der ehemals für sie quasi frei passierbaren Grenze. In den vergangenen Tagen ist es zu militärischen Aktivitäten im Grenzgebiet gekommen. Politische Beobachter in Bangkok gehen davon aus, daß den Angriffen geheime Absprachen zwischen den thailändischen und burmesischen Militärs vorausgegangen waren.
Zunächst hatte der thailändische Innenminister, General Issarapong, verlautbaren lassen, daß seine Truppen Ausweitungen des Bürgerkriegs auf thailändisches Terrain künftig nicht länger dulden würden. Daraufhin wurde der thailändische Grenzschutz mit neuen Einheiten, schweren Maschinengewehren und Granaten ausgerüstet. Ende März kam es dann zu Luftangriffen auf burmesischem Gebiet, bei dem unter anderem Helikopter und thailändische Flugzeuge amerikanischer Herkunft gegen den Opiumkönig Khun Sa und die ethnische Minderheit der Wa eingesetzt wurden. General Pairong Chan Vrai bezeichnete die dreitägigen Luftangriffe als notwenidg, um eine Bedrohung Thailands abzuwenden und die Guerillas zum Rückzug zu zwingen. Da die Regierung von Rangoon gegen diese militärische Intervention der Thais nicht protestierte, muß ihr Einveständnis vorausgesetzt werden. Ein deutliches Zeichen der „verbesserten Beziehung“ zwischen Thailand und Burma, wie sie unmittelbar nach dem Putsch vorausgesetzt worden waren.
Seit Anfang April verstärkt sich auch der Vormarsch der burmesischen Armee in die „befreiten Gebiete“ der Karen, einer ethnischen Minderheit, die entlang der thailändischen Grenze lebt. Inmitten dieser Region liegt Manerplaw, das Zentrum der burmesischen Oppositionsbewegung. Geschützt von einer Bergkette und undurchdringlichem Dschungel, sind hier die Hauptquartiere der ethnischen Minderheiten, der studentischen Streitkräfte sowie der Sitz der provisorischen Regierung. Nachdem Anfang April burmesische Truppen strategisch wichtige Positionen etwa 20 Kilometer nördlich von Manerplaw erobert hatten, kam es nach Auskunft eines Offiziers der Karen National Union (KNU) bislang zu zwei Luftangriffen in der Nähe der Hauptquartiere, bei dem fünf Flugzeuge jugoslawischer Bauart eingesetzt wurden. Zur Verteidigung von Manerplaw kämpfen derzeit etwa 4.000 Soldaten im Karen-Gebiet — beide Seiten melden eine täglich steigende Zahl von Toten und Verletzten. Aus Angst vor weiteren Luftangriffen flohen in den vergangenen zwei Wochen mehr als 3.000 Karen und burmesische Dorfbewohner auf die thailändische Seite — mittlerweile haben bereits über 100.000 Menschen in der Grenzregion ihre Heimat verloren. Dorothee Wenner
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