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Vivaldi auf Video

■ Thomas Wilbrands „Vier Jahreszeiten“

Die Puristen der E — Musik werden sich empört abwenden, aber ein junger Musiker hat es gewagt, die geheiligten Partituren eines alten Meisters in einer sehr modernen und kulinarischen Mischung aus orchestraler und elektronischer Musik zu variieren. In Thomas Wilbrandts Bearbeitung von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ verfließen die barocken Streichereinsätze des London Philharmonia Orchestra mit Schlagzeugrhythmen, gesampelten Naturgeräuschen wie dem Rauschen eines Baches und Synthesizersounds, die manchmal an die frühen elektronischen Klassikarrangements von Walter Carlos erinnern.

Aber damit nicht genug: Neben seiner Arbeit als Dirigent, Arrangeur und Komponist drehte und produzierte Wilbrandt auch das Video zu dieser Musik, und dazu nutzte er genauso eklektisch und spielerisch die modernsten Techniken der Post.

Die einzelnen Bilder, mit denen Wilbrandt die Musik illustriert, sind meist alles andere als originell: Im Frühling blühen die Blumen, im Sommer strahlt die Sonne, im Herbst fallen die Blätter und im Winter ist alles ruhig und weiß. Daneben sieht man musizierende Hände, ein Kind mit seinem Pony auf der Wiese, viele Augen, Hände und Landschaften, Venedig, Detailaufnahmen aus alten Gemälden und sogar die Mona Lisa. Wilbrandt balanciert dabei oft hart an der Kante zum Kitsch und zum Kunstgewerbe. Aber die einzelnen Bilder gehen so unerwartet, elegant und rhythmisch ineinander über, verändern Form und Farbe oder tauchen, wie die musikalischen Themen, in immer neuen Variationen auf, daß auch die Postkartenansichten durch die smarte Collage immer interessant bleiben. Die Bilder drängen sich dabei nie in den Vordergrund, sie wirken eher wie Ornamente, die die Stimmung der Musik unterstützen und genug Freiraum für eigene Assoziationen lassen. Man kann sich wohlig fallen lassen in dieses 90 Minuten lange audio — visuelle Harmoniebad. Wilfried Hippen

Samstag, 20. 4. um 21 Uhr in der Reihe Blue Box des Filmbüros im Cafe Grün, Fedelhören 73

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