: Kriegsgegner an Verfassungsschutz gemeldet
■ Kripo-Kommissariat „Linksextremismus“ gab Personalien nach Bremer Börsen-Blockade weiter
Peter A. ist Student der Betriebswirtschaftslehre im 6. Semester. Er ist nach eigenem Bekunden „weder in einer politischen Gruppe, noch sonst politisch aktiv: Die Polizei kennt mich eigentlich nicht.“ Während des Golfkriegs beteiligte sich der Student an der Mahnwache auf dem Bremer Marktplatz — und an der Blockade der Bremer Wertpapierbörse. Infolge dieser Blockadeaktion am 14. Februar 1991 machte Peter A. die Bekanntschaft der Polizei — und indirekt, ohne sein Wissen, auch des Verfassungsschutzes.
100 DemonstrantInnen waren an diesem Donnerstag vor der Börse versammelt. Die Polizei war mit 50 Beamten auf die angekündigte Aktion vorbereitet. Peter A. wich mit 15 anderen KriegsgegnerInnen zu einem Seiteneingang aus: „Wir haben weiter nichts gemacht, als uns dahin gesetzt. Mit der Polizei haben wir uns nicht weiter angelegt.“ Die einzige Sachbeschädigung, die BörsianerInnen nach der Aktion zu beklagen hatten: Schloßzylinder waren defekt. Eine Woche zuvor hatten KriegsgegnerInnen die Börsenfassade mit roter Ölfarbe übergossen. Das „Blut“ war aus dem teuren Sandstein nicht mehr herauszuwaschen gewesen.
An jenem „unblutigen“ Donnerstag nahmen Polizeibeamte 16 Sitz-BlockiererInnen vorläufig fest. Seither sind zwei Monate vergangen, Peter A. hat von den Staatsorganen nichts mehr gehört: „Ich bin davon ausgegangen, daß das wegen Geringfügigkeit niedergeschlagen worden ist.“
Doch gestern hörte er über die taz von der „geringfügigen“ Angelegenheit. Der Redaktion waren Unterlagen zugespielt worden, die belegen, daß das Kommissariat „K 7.4“, bei der Bremer Polizei zuständig für „Linksextremismus“, einen Tag nach der Blockade eilfertig die persönlichen Daten aller 16 festgenommenen SitzblockererInnen an das Landesamt für Verfassungsschutz übersandt hat.
Verfassungsschutz-Chef Walter Wilhelm versprach gestern, diese Datenübermittlung zu recherchieren. Er betonte: „Wir sind nicht der Schuttabladeplatz der Polizei. Bei der Datenzulieferung muß die Zuständigkeit des Verfassungsschutzes erkennbar sein.“ Zuständig sei seine Behörde schließlich nur bei „Terrorismus“, bei „Spionage“ und bei „Bestrebungen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten“, sprich „bei Extremismus“. Der kommissarische Bremer Datenschutzbeauftragte Sven Holst wird „die Sache zum Anlaß nehmen, mir einen eigenen Eindruck zu verschaffen bei der Polizei und beim Verfassungsschutz. Die Betroffenen können sich gerne namentlich an mich wenden.“ Barbara Debus
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