: Ditfurth: Drei Gründe auszusteigen
■ Die Kandidatur von Vollmer, Kleinert und Wollenberger für die Vorstandssprecherposten der Grünen stößt auf harsche Kritik/ Vorstandssprecherin Damus: Kandidatur „ungeheuerlich“
Hamburg (taz) — Auf dem Bundesparteitag der Grünen am letzten April-Wochenende im schleswig-holsteinischen Neumünster wird die Abspaltung der letzten Fundamentaloppositionellen zwischen den Zeilen der Tagesordnung stehen. Das gilt nach der Ankündigung von Antje Vollmer, Hubert Kleinert und Vera Wollenberger, für die Posten der BundesvorstandsprecherInnen zu kandidieren, als sicher. Schon am Donnertag abend formulierte die Frankfurter Radikalökologin Jutta Ditfurth gegenüber der Hamburger taz-Redaktion, welche drei Entscheidungen ihr politischer Zirkel „Ökologische Linke“ als „Spaltungsbeschlüsse“ und „Bruch des grünen Grundkonsens“ werten würde.
Solche Beschlüsse wären nach Angaben der ehemaligen Bundesvorstandssprecherin „das Umwandeln der Grünen in eine ökologische BürgerRechtspartei“, die „Aufhebung der Trennung von Amt und Mandat“ sowie die Wahl Antje Vollmers zur Sprecherin der Grünen. Allein eine erfolgreiche Kandidatur von Kleinert, Vollmer und Wollenberger gäbe der „Ökologischen Linken“ drei Gründe, um aus den Grünen auszusteigen.
Ein Vollmer-Erfolg wäre für Jutta Ditfurth der Sieg einer „zentralen Figur“ grüner Spaltungsstrategie. Ein Erfolg der ostdeutschen Bundestagsabgeordneten Wollenberger wäre die faktische Aufhebung der Trennung von Amt und Mandat sowie eine Verstärkung der Tendenzen hin zur ökologischen Bürgerrechtspartei. Damit würde aus den Grünen, so Ditfurth: „das eurozentristische Projekt einer rechtsangepaßten dogmatischen Kaderpartei“.
Die „Ökologische Linke“ will am 11. und 12. Mai in Frankfurt über die Konsequenzen des Neumünsteraner Bundesparteitages beraten. Der Abschied Jutta Ditfurths und ihrer politischen FreundInnen von den Grünen muß als wahrscheinlich gelten. Ditfurth dementierte jedoch Gerüchte, nach denen sie ein grünes Spaltprojekt in ein „Bundestagswahlprojekt 94“ mit der PDS führen will. Sie erklärte, das „Projekt 94“ sei eine bösartige Erfindung strömungspolitischer GegnerInnen.
Helmut Lippelt, der einstige Fraktionssprecher der Grünen, hat unterdessen gemahnt, die Entscheidung über das dreiköpfige Sprechergremium den Delegierten zu überlassen. Vorstandssprecherin Renate Damus dagegen empörte sich. „Ungeheuerlich“ fand sie das vorgestellte Gremium. Sie könne sich nicht vorstellen, daß „sich die Grünen-Delegierten das gefallenlassen“ und daß dann von ihnen gesagt werde, „nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber“. Die Pressesprecherin Anne Nilges bestätigte der taz, daß viele Grüne den Vorschlag unmöglich fänden. Jürgen Oetting/
Ferdos Forudastan
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