Die zweite Pleite der AG Weser

■ Bremer Wirtschaftsförderung: Ein Millionen-Subventions-Bluff auf dem Gelände der liquidierten Werft

Völlig unbeachtet von der Bremer Öffentlichkeit hat sich seit zwei Jahren auf dem Gelände der AG „Weser“ eine neue Pleite vorbereitet: die Bemühungen, die wertvolle Lage des Werftgebietes am seeschifftiefen Wasser mit den schweren Krananlagen für den industriellen Großanlagenbau zu nutzen, sind nach sieben Jahren gescheitert. Millionen hat Bremen da hineingesteckt, seine Tasche aufgehalten hat der Unternehmer Martin Grunau.

„Grunau“ steht neben „AG Weser“ an dem großen Bockkran der ehemaligen Werft. Grunau hat zwei der alten Schiffbauhallen

gekauft und den Löwenanteil des Geländes langfristig gepachtet, die bremische Wirtschaftsförderung hat ganz auf den Aufsteiger- Unternehmer mit der derben populären Art gesetzt. Grunau läßt sich als Sponsor der Weser-Fähre feiern, für „Grunau“ am Trikot stürmt Tura Bremen, Grunau sitzt im Packhaustheater-Vorstand — Grunau weiß, wie man Kontakte pflegt. „Martin Grunaus Unternehmen platzt aus allen Nähten“, lobte die Bremer Journalistin Helgard Köhne-Grobecker noch 1988 im STERN den „ideenreichen Unternehmer“, der viele Arbeitsplätze geschaffen habe.

Inzwischen ist aber kaum zu übersehen, daß alle Räder still stehen auf dem Großanlagen-Gelände. Ein paar Container verstellen die Sicht, die Kräne bewegen sich nicht mehr, an die 2 Millionen Mark Miete schuldet Grunau dem Land Bremen. Nur dort, wo Grunau billig erworbenes Gelände teuer weitervermietet, regt sich noch Arbeitsleben. Es sei „etwas dünner geworden“, räumt der zuständige Mann bei der Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft, Hermann Hoppe ein, ja: „fast eingeschlafen“. Und: „Vom Unternehmerischen muß etwas getan werden.“

Aber Grunau hat auf dem AG Weser-Gelände von Bremen so günstige Kauf- und Mietverträge eingeräumt bekommen, daß er dumm wäre, wenn er freiwillig et

was abgeben würde. Er bot Ende des vergangenen Jahres, als die Geschäfte rapide bergab gingen, dem Land Bremen an, für 30 Millionen aus den begünstigenden Verträgen auszusteigen und alles zurückzugeben. Tatsächlich ist Grunau seit Monaten überwiegend in der ehemaligen DDR, wo er diverse Beteiligungen gekauft und Firmen übernommen hat. Bremen konnte auf das Angebot nicht eingehen — mit der Zahlung von 30 Millionen würde Bremen den Offenbarungseid über jahrelange verfehlte Wirtschaftspolitik leisten.

Seit Wochen laufen Verhandlungen, denn ganz ohne Ablösesummen dürfte Grunau kaum Platz machen für andere Betriebe. „So was Günstiges kriegt er im Leben nie wieder“, sagt Klaus Libor, der im Auftrage Bremens für Grunau Marketing und Akquisition machen sollte. Zum Beispiel konnte Grunau 1986 die leerstehende Stahlbauhalle für 1,2 Millionen Mark von Bremen kaufen, um sie für Stahl-Bearbeitung zu nutzen. Auf die Halle bekam Grunau von der Sparkasse Kredit über 4,6 Millionen — um so viel mehr schätzt die Sparkasse den Wert der Halle.

Nun hat Grunau dieselbe Halle

einem bremischen Unternehmen, Conpack, das dort einen arbeitsintensiven Auftrag abwickeln wollte, zur Miete angeboten — für 600.000 Mark im Jahr. Conpack lehnte dankend ab und fragte beim Wirtschaftssenator nach, ob solche Gewinnspannen im Sinne der Wirtschaftsförderung seien.

Kein Wunder, daß Grunau nicht freiwillig auf derartige Vermietungsgewinne verzichtet. Er hat das Gelände so billig bekommen, daß allein die Weitervermietung für ihn ein Geschäft ist. Von dem Großanlagenbau, den Bremen sich dort wünscht, sei „der Mittelständler Grunau teilweise überfordert“, sagt der zuständige Wirtschaftsförderer Hoppe. Aber jahrelang hat sich die WFG gegenüber Grunau dummer gestellt als die Polizei erlaubt. „Wir waren jahrelang wie eine Ehe“, gesteht Hoppe heute ein.

Weil das Arbeitsressort die Grunau-Angaben über geschaffene Arbeitsplätze nie nachgeprüft hat, ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft. Weil die Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft, nie wirklich überprüft hat, was auf dem AG-Weser-Gelände investiert wird, hat erst das Finanzamt bei einer Betriebsprüfung den Subventionsschwindel festgestellt. Dennoch hat die Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft noch im März der Firma Conpack schriftlich gegeben, daß ihr „leider“ nicht geholfen werden könne. Wenn Conpack den Mietvertrag abgeschlossen hätte, könnte Grunau pro Jahr den halben Kaufpreis als Miete einstreichen. Es gibt derzeit nur in einem Land glücklichere Immobilienspekulanten als die, die mit der bremischen Wirtschaftsförderung ihre Geschäfte machen: die West'ler in der ehemaligen DDR.

Aus dem Trauerspiel Grunau, das die zweite Pleite auf der AG Weser bedeutet, dürfte Bremen nicht unter 20 Millionen Mark verschleuderter Steuergelder herauskommen. Am Freitag sitzen in einer Elefantenrunde Martin Grunau, Finanzsenator Grobecker und Wirtschaftssenator Beckmeyer zusammen... In einer kleinen Serie wollen wir die Details des Millionen-Bluffs „AG Weser“ auf den Tisch legen:

-Wie die Wirtschaftsförderung mit dem AG Weser-Gelände Immobiliengeschäfte zugunsten von Grunau betreibt

-Wie das parlamentarische Kontrollgremium beschissen wird

-Wie die Wirtschaftspresse den „Erfolg“ feiert,

-Wie der Arbeitssenator sich zum dummen August macht

-Wie das Gewerbeaufsichtsamt beide Augen zudrückt

-Wie Bremen die Wahrheit über den Millionen-Bluff zu vertuschen sucht. K.W.