Die Japanologin telefonisch nicht erreicht...

■ ... oder: Warum an der Hochschule Bremen seit dreieinhalb Jahren eine Professur nicht besetzt ist

Ein anspruchsvolles Modellprojekt hat die Hochschule Bremen seit 1987 in ihren Hallen. Es heißt „Angewandte Weltwirtschaftssprachen“. Gepaukt und gesprochen werden (sollen): chinesisch, arabisch und japanisch. Der Modellstudiengang ging seinen improvisierten Gang, bei dem einer einiges spanisch vorkommen kann: Erst trudelten die StudentInnen (Sommersemester 88) ein, dann fanden sich nach einigen Semestern auch zwei Hochschullehrer. Einer für Chinesisch und und einer für Arabisch.

Nicht zu Rande gekommen war die Berufungskommission bei der dritten Weltwirtschaftssprache: Japanisch. Hier hatten sich außer Männern auch Frauen beworben. Auch nach dreieinhalb Jahren müssen die Studierenden hier ohne ProfessorIn auskommen. Die Hochschule beantragte gerade beim Wissenschaftssenator, die Stelle doch bitte ein drittes Mal ausschreiben zu dürfen. Liegt's an der Sprache? An den den Frauen? An der Bürokratie? Oder gar an der taz, wie Rektor Mönch gestern zu verstehen gab?

Die taz hatte im Januar 1989 kritisch über das erste Berufungsverfahren berichtet. Denn der Hamburger Japanologe Dr. Pohl hatte der Berufungskommission zu bedenken gegeben, „daß für Japaner die Frau leider noch dequalifiziert ist und im Wirtschaftsleben nicht so anerkannt ist wie ein Mann.“ Beteiligte plauderten aus, die Kommission habe sich aufgrund dieser „Zusatzinformation“ auf die Devise geeinigt: „Wegen der Wirtschaftskontakte möglichst keine Frau auf die Stelle zu setzen“. Auf der Berufungsliste standen auf den ersten beiden Plätzen Männer. Die einzig habilitierte Bewerberin, Prof. Dr. Ilse Lenz, landete auf Platz drei.

Nach dem taz-Artikel prüfte die Bildungsbehörde die Entscheidung eingehend auf den Chauvinismus-Verdacht und entschied, es sei „gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen“ worden. Ein neues, zweites Berufungsverfahren müsse her.

Die Berufungskommission stellte eine neue Liste zusammen. Die Hochschul-Frauen jubilierten. Denn diesmal kam eine Frau, die einzige habilitierte Bewerberin Prof. Dr. Ilse Lenz, auf den ersten Platz. An zweiter Stelle konnte sich ebenfalls eine Frau behaupten: Die Japanologin Brigitte Kubota-Müller. Auf dem abgeschlagenen Platz drei landeten diesmal zwei Männer, darunter der Berliner Japanologe Dr. Matthiew Königsberg.

Im Herbst l990 war's dann soweit: Die erstplatzierte Ilse Lenz erhielt den Ruf nach Bremen. Doch damit war der feministische Gang der Dinge vorbei. Denn die namhafte Professorin lehnte am Tag vor Weihnachten die Bremer Professur ab. Jetzt wäre die Reihe an der zweitplatzierten Bewerberin Brigitte Kubota-Müller gewesen. Die saß auch über Weihnachten zu Hause am Telefon und starrte sehnsüchtig auf ihr Telefon und ihr Fax-Gerät. Kubota- Müller zur taz: „Ich habe hier gesessen und gewartet. Ich habe bis heute kein Wörtchen von der Hochschule gehört.“

An jenem Tag vor Weihnachten, dem 23. Dezember hatte Hochschulrektor Ronald Mönch die Initiative ergriffen. Nachdem ihm die erstplatzierte Professorin einen Korb gegeben hatte, telefonierte er die Liste durch. Er habe sicherstellen wollen, daß seine StudentInnen zu Beginn des Sommersemesters qualifizierte Lehre bekämen. Brigitte Kubota-Müller erreichte er nach eigenem Bekunden an jenem 23.12. nicht, dafür aber den Drittplatzierten Dr. Königsberg. Dieser hat deshalb seit dem 1. März einen Lehrauftrag für Japanologie in Bremen. Bis 1992 soll er befristet angestellt sein und Japanologie unterrichten.

Warum der Mann Königsberg und nicht die Frau Kubota-Müller? Dazu der Leiter der Berufungskommission Prof. Kemnitz: „Frau Kubota-Müller war nicht zu erreichen und hat sich — wie wir gehört haben — für zwei Jahre auf eine andere Stelle verpflichtet.“ Dazu Brigitte Kubota-Müller: „Ich bin frei. Ich warte auf die Stelle in Bremen. Seit wann besetzt man Lehrstühle nach Gerüchten oder danach, ob man bei einem einzigen Anruf erreichbar ist oder nicht?„ B.D.