: Von Drachen und Geistern
■ Dem Drachenfest ging der Wind aus / Bumerangs und Bodenschau
Es fliegt was in der LuftFoto: Tristan Vankann
Er kommt immer wieder zurück. Das ist das Faszinierende am Bumerang. Und er ist einfach herzustellen: aus einem Stück Holz, mit einer Laubsäge und ein wenig Geschick beim Anfeilen der Kanten, die dann wie Tragflächen von Flugzeugen eine eigene Dynamik in der Luft entwickeln. Bumerangs haben noch einen weiteren Vorteil: Sie fliegen am besten, wenn kein Wind weht. Deshalb wurden sie unversehens zum publikumswirksamen Alternativprogramm, als dem Bremer Drachenfest am Wochenende der Wind ausging.
Blitzschnell sausten sie am Weseruferpark über die Köpfe ihrer „Bezwinger“ hinweg: von Ferne betrachtet schweben sie wie Ufos auf kreisförmigen Bahnen. Beim näheren Hinsehen schlagen sich die beiden Flügel jedoch wie Maschinenschrauben ihren Weg durch die Luft. Das Spielfeld der Bumerangwerfer blieb dann auch weiträumig abgesperrt: Denn was harmlos aussieht und Kinder wie magisch anzieht, kann gefährlich werden. Lange bevor der Bumerang westliche Spielzeugmärkte eroberte, war er Jagdwaffe der australischen Ureinwohner, klärt ein Mitglied der „Bremer Drachenfreunde“ umstehende Kinder auf, deren Väter ihnen die Antwort nach Geschichte und Geheimnis des Bumerangs schuldig blieben.
Im lauen Wind ließen sich ansonsten nur einige der besonders leichten Drachen in die Luft bringen. Nahezu bewegungslos standen sie am Himmel über dem Weseruferpark. Die anderen blieben sorgfältig ausgebreitet auf der Wiese liegen: Kunstwerke zum Teil.
Auch Hans Snoek von den Bremer Drachenfreunden seinen Nachbau des historisch ersten Drachen in Deutschland nur erzählen: Aus Weiden und Packpapier sei er gewesen. 1632 habe ein Daniel Schwendter ihn in Süddeutschland von einem Kirchturm aus in den Wind flattern lassen — um Geister zu vertreiben. Deshalb waren auch Glocken und Lichter hineingestellt worden. Wenn Snoek seinen Nachbau dieses Drachens, aufsteigen läßt, dann werden als besonderer Effekt abends auch schon mal Taschenlampen mit hochgeschickt.
Doch auch darauf mußten die BesucherInnen des Bremer Drachenfestes verzichten. Dafür hatten die Drachenfreunde umso mehr Zeit, ihnen von den Festivals in China zu erzählen, wo Drachen immer Nachbildungen der Natur sind: Libellen, Tiger. Einer soll 300 Meter lang gewesen sein. 100 Leute waren nötig, ihn von einem LKW aus steigen zu lassen.
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