piwik no script img

Radikal nach 99 Jahren

■ Bayerns SPD schafft Strukturreform/ Renate Schmidt löst Rudolf Schöfberger im Vorsitz ab: Erste Frau an der Spitze

Rosenheim (dpa) — Mit einer neuen Führungsspitze und einer veränderten Parteistruktur wollen die bayerischen Sozialdemokraten langfristig die absolute Mehrheit der CSU im Freistaat brechen. Auf dem 40. SPD- Landesparteitag im oberbayerischen Rosenheim wählten die Delegierten mit 93 Prozent die Bundestagsvizepräsidentin Renate Schmidt zur Vorsitzenden.

Der Parteitag beschloß auch eine umfangreiche Reform der seit 99 Jahren bestehenden Parteiorganisation, die Renate Schmidt zur Bedingung für ihre Kandidatur gemacht hatte. Die drei Bezirke Franken, Süd- und Ostbayern werden aufgelöst. An ihre Stelle tritt ein Landesbezirk, der die Schlagkraft der bayerischen SPD stärken soll. Mit 116.000 Mitgliedern ist Bayern damit nach dem westlichen Westfalen der zweitgrößte SPD-Bezirk in der Bundesrepublik.

Als erste Frau an der Spitze der bayerischen Sozialdemokraten erhielt die 47jährige Renate Schmidt am Sonntag 254 Ja- und 13 Neinstimmen bei drei Enthaltungen. Die neue Hoffnungsträgerin löst Rudolf Schöfberger (55) ab. Sie sei „ungeheuer stolz“, neunte Vorsitzende der traditionsreichen bayerischen SPD zu sein, sagte die Nürnberger Abgeordnete. Frau Schmidt forderte ihre Partei zu mehr Selbstbewußtsein auf. Dann könne diese 1994 die absolute Mehrheit der CSU brechen. Die CSU werde sich im Freistaat noch „schwarz ärgern, noch schwärzer als sie ist“, versprach die neue Parteichefin.

Fünfzig Prozent der Mitgliedseinnahmen (fünf Millionen Mark jährlich) gehen nun künftig an die neue Landesspitze, die bisher kaum über finanzielle Mittel verfügte. Schöfberger hatte sein eigenes Amt als „hundsgemeinen Job“ kritisiert, weil er als Vorsitzender „für alles verantwortlich, aber für nichts zuständig“ gewesen sei. Die Umsetzung der Reform soll 1992, wenn die Partei 100 Jahre alt wird, abgeschlossen sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen