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Afrika droht ein beispielloses Massensterben

■ Gesundheitsminister Afrikas tagten in Swasiland/ 60 Millionen Aids-Infizierte auf dem Kontinent/ Kindersterblichkeit wächst

Berlin (taz) — Die Gesundheitsminister der Mitgliedstaaten der Organisation Afrikanische Einheit (OAU) trafen am Montag und Dienstag in Mbabane, Hauptstadt des südafrikanischen Kleinstaates Swasiland, zusammen, um über die alarmierende Verschlechterung der Gesundheitssituation auf dem afrikanischen Kontinent zu beraten. Hiroshi Nakajima, Generalsekretär der Weltgesundheitsorganisation (WHO), rief zu internationaler Hilfe auf, um den Kampf gegen die rapide Seuchenausbreitung in Afrika zu verstärken.

Nach WHO-Angaben sind 60 Millionen Afrikaner Aids-infiziert. 700.000 davon sind schon erkrankt. Bis zum Jahr 2000 könnte diese Zahl auf über 20 Millionen steigen. Die früher vor allem in Ost- und Zentralafrika auftretende Krankheit breitet sich zunehmend nach Westen und Norden hin aus. „Ganze Dörfer sind bereits ausgelöscht“, erklärte der Vertreter des Sudan auf der Konferenz. „In anderen leben nur noch Alte und Waisen.“ Die Aussicht eines Massensterbens hat bereits zu Prognosen geführt, wonach die Einwohnerzahl Afrikas über die nächsten vierzig Jahre stagnieren könnte — trotz des derzeitigen hohen Bevölkerungswachstums.

Denn nicht nur Aids ist auf dem Vormarsch. Vier Millionen afrikanische Kinder sterben jedes Jahr an Krankheiten und Infektionen, davon 750.000 an Malaria; auf dem gesamten Kontinent gibt es 90 Millionen Malariakranke. Eine Cholera-Epidemie breitet sich gegenwärtig im gesamten südlichen Afrika aus, von Angola über Sambia bis nach Mosambik. Bei allen Krankheiten ist eine Zunahme der Sterblichkeit in dem Maße zu erwarten, wie Kriege und Finanznöte die bestehenden Impf- und Behandlungsmöglichkeiten erschweren. OAU-Generalsekretär M. T. Mapuranga wies in Mbabane darauf hin, daß die bereits erschreckend hohe Kindersterblichkeit in Afrika in den nächsten Jahren um 50 Prozent steigen werde. Am düstersten ist die Lage in Mosambik und Mali, wo 30 Prozent der Neugeborenen vor ihrem fünften Geburtstag sterben. 150.000 afrikanische Frauen sterben jedes Jahr beim Gebären ihrer Kinder.

M. T. Mapuranga machte die schwierige Wirtschaftslage Afrikas für diese Situation verantwortlich. Tatsächlich gehört das Gesundheitswesen zu denjenigen Ausgabenbereichen des Staates, die bei IWF- und Weltbank-inspirierten Strukturanpassungsprogrammen zuerst gekürzt werden. Durchschnittlich betragen die staatlichen Gesundheitsausgaben pro Kopf 5 Dollar im Jahr. Die Schlußlichter sind Mali und Benin — gleichzeitig die Länder, in denen es die massivsten Proteste gegen die dortigen Militärdiktatoren gegeben hat.

Der alte Slogan internationaler Organisationen „Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000“ ist unter dem Eindruck der Situation längst zu den Akten gelegt worden. Jetzt, so die WHO und die OAU-Minister in Mbabane einhellig, kann es lediglich darum gehen, den Zugang eines jeden zu einer Gesundheitseinrichtung zu garantieren.

Swasilands König Mswati III, Gastgeber der Konferenz, riet den versammelten Ministern, sich nicht auf Hilfe von außen zu verlassen. Die Herstellung eines bedürfnisorientierten, für alle Bevölkerungsgruppen zugänglichen Gesundheitswesens sei vielmehr eine Angelegenheit, die die Afrikaner selbst in die Hand nehmen müßten. Dazu sei eine stärkere innerafrikanische Kooperation erforderlich. Dominic Johnson

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