Massive Abschiebewelle im Sommer?

■ Nach Änderung des Ausländergesetzes fürchtet amnesty international Massenabschiebungen von De-facto-Flüchtlingen spätestens Ende Juni/ Schon jetzt sind zahlreiche Fälle bekanntgeworden

Berlin (taz) — Die Menschenrechtsorganisation amnesty international fürchtet wenige Monate nach Inkrafttreten des neuen Ausländergesetzes die bisher größte Abschiebewelle in der Geschichte der Bundesrepublik. Davon betroffen wären ausländische Flüchtlinge, deren Asylbegehren zwar abgelehnt wurde, die aber aufgrund der bedrohlichen Situation in ihren Heimatländern dennoch in der Bundesrepublik geduldet werden. Diese sogenannten De-facto-Flüchtlinge — das Bundesinnenministerium beziffert ihre Zahl auf über 300.000 — waren bisher durch Erlasse der einzelnen Bundesländer vor einer Abschiebung geschützt. Nach dem am 1.Januar in Kraft getretenen neuen Ausländergesetz können die Länder jedoch nur noch für einen Zeitraum von sechs Monaten einen Abschiebestopp erlassen. Danach bedürfen solche Länderregelungen der Zustimmung des Bundesinnenministers, der dabei auf eine bundeseinheitliche Handhabung dringen will. Da sich die Länderinnenminister bisher in keiner Weise darum bemüht hätten, beim Innenministerium die Zustimmung für ihre bisherigen Schutzregelungen zu bekommen, fürchtet amnesty, daß Tausende von Aufenthaltsduldungen nach Ablauf der Halbsjahresfrist am 30.6. Auslaufen. Wenn jetzt keine Regelungen getroffen würden, dann seien die bisher gültigen Abschiebestopps hinfällig. Der Menschenrechtsorganisation sind schon jetzt zahlreiche Fälle bekanntgeworden, in denen Flüchtlinge für Ende Juni eine Ausreiseverfügung von den Ausländerbehörden erhalten haben, obwohl sich die Menschenrechtssituation in ihren Herkunftsländern nicht geändert hat.

Ve.