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Keine neue Mehrheit, sondern alte Dummheit-betr.: "Nerven behalten", Debattenbeitrag von Udo Knapp, taz vom 30.4.91

betr.: „Nerven behalten“, Debattenbeitrag von Udo Knapp,

taz vom 30.4.91

Der hat Nerven — der Udo Knapp. Aber die meisten anderen sind entnervt. In Neumünster gab's nämlich keine neue Mehrheit, sondern die alte Dummheit.

Es ist ja richtig: Nach dem Auszug des Ditfurth-Clubs und nach der relevanten Realpolitisierung des Linken Forums wären die Chancen eigentlich gut gewesen, aus den Grünen eine politische Partei zu machen. Aber die grüne Delegiertenbasis erschrickt seit eh und je vor dem kleinsten Schritt in die richtige Richtung und kuschelt sich zurück in ihre angestammte Mittelmäßigkeit. Und wählt die unbedeutendsten unter den VorstandskandidatInnen; die eine kannte niemand, der andere ist Anführer beim Linken Forum nur deshalb, weil dessen profilierte Leute die Grünen verlassen haben.

Aber auch Nullösungen setzen Signale: Ausgrenzung des Bündnisses 90 (dafür steht Weiske) und Ausgrenzung von Realo/Aufbruch aus dem Vorstand. Ich weiß, ich weiß: so haben's die Delegierten gar nicht gewollt; Reformpolitik haben sie gewollt und Zusammenarbeit mit den Bürgerbewegungen und sogar den ökologischen Humanismus; und haben dann in bewährter Fahrlässigkeit und gehörigem Haß auf jedes Profil Vorstandswahl simuliert und das Bild sofort wieder verwackelt. Wer soll da noch glauben, daß das je anders wird, wer noch Nerven behalten, die sie/er längst verloren hat? Es hilft nichts mehr: die grünen Gliederungen müssen über eine politische Zukunft jenseits der Bundespartei nachdenken. Wenn alle sich die nächsten zwei Jahre mit eisernen Nerven von diesem Eistanzduo vertreten lassen, das am liebsten wieder die Ditfurths aufs Eis holen möchte, dann versinken bei der nächsten Bundestagswahl alle gemeinsam im ewigen Eis. Gernot Folkers, Sprecher der Grünen OV Schwerte

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