Armenier sollten ausgesiedelt werden

■ Gorbatschow-Plan ist verworfen/ Die meisten Bergarbeiter legen Streikpause ein

Moskau (ap/taz) —In der Sowjetunion sind Pläne für eine Massenumsiedlung von Armeniern aufgegeben worden. Der armenische Präsident Ter-Petrossjan erklärte in Moskau, er habe den sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow in einem eineinhalbstündigen Gespräch von Plänen abgebracht, einen der blutigen Konflikte im Kaukasus durch die Massenaussiedlung von auf aserbaidschanischem Boden lebenden Armeniern zu beenden. Anschließend habe er einen Anruf vom Chef des Staatssicherheitsdienstes KGB, Wladimir Krjutschkow, bekommen, der ihm bedeutet habe, die Frage der Massenumsiedlung sei „vom Tisch“. Gorbatschow konferierte am Freitag zur Entspannung der Lage im Konflikt zwischen den verfeindeten Kaukasusrepubliken auch mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ajas Mutalibow. Angesichts der jüngsten Pogrome in zwei Armenierdörfern, bei denen 36 Menschen getötet wurden, hätten Sondereinheiten des sowjetischen Innenministeriums mit den Aserbaidschanern gemeinsame Sache gemacht, erklärte Armeniens Präsident. Moskau stütze die ihm ergebene Führung Aserbaidschans und wolle Armenien wegen seiner Unabhängigkeitsbestrebungen bestrafen.

Im sowjetischen Bergarbeiterstreik deutet sich eine Entspannung der Lage an, allerdings ist noch kein vollständiges Ende des Ausstandes abzusehen.

In Workuta wird weiter gestreikt

Im ukrainischen Donezker Kohlerevier haben am Wochenende die meisten Bergleute die Arbeit wieder aufgenommen. Auch im westsibirischen Kusnezker Kohlegebiet gibt es Anzeichen für ein baldiges Streikende. Hingegen kam es im arktischen Workuta zu neuen Arbeitsniederlegungen. Wladimir Jewskin vom Streikkomitee in Donezk betonte am Sonntag, daß der Streik in der Ukraine lediglich „unterbrochen“ sei. Keine der Forderungen sei erfüllt. Im westsibirischen Kohlerevier des Kusnezker Beckens betonte der Vorsitzende des Rates der Arbeiterkomitees aus dem Gebiet, Wjatscheslaw Golikow, am Samstag, mit der am 1. Mai vom russischen Parlamentspräsidenten Boris Jelzin unterzeichneten Übernahmeerklärung, die Kohlegruben des westsibirischen Reviers juristisch der Russischen Föderation zu unterstellen, seien die Rechte der Bergarbeiter garantiert. Jelzin hatte erklärt, der Wechsel von Unternehmen des Bergbaus und anderen Schlüsselindustrien von zentralen sowjetischen Ministerien in die Verantwortung Rußlands bedeute, daß den Arbeitskollektiven „volle wirtschaftliche Unabhängigkeit, einschließlich der Wahl der Eigentumsform und der Art der Betriebsführung, gewährt wird“. Ein vergleichbares Abkommen war im vergangenen Monat für die Gruben des nordrussischen Workuta vereinbart worden. Die meisten streikenden Bergarbeiter des Reviers hatten daraufhin ihren Ausstand unterbrochen. Laut 'Tass‘ vom Sonntag legten allerdings zwei der insgesamt dreizehn Bergwerke am Wochenende die Arbeit wieder völlig nieder. Drei weitere Gruben förderten nur für die Stadt und die umliegenden Bergarbeitersiedlungen.