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Mit dem „Funkmietwagen“ durch die Nacht

■ Seit 1. Mai in Oldenburg ab 21 Uhr unterwegs: Das vom Rat subventionierte „Frauenmobil“

Einen gelben „Taxi“-Geier haben die Mercedesse der Oldenburger Firma Jörg Hatscher nicht auf ihrem Dach. Denn die „Funkmietwagen“ dürfen im Gegensatz zu Taxen sich nicht auf offener Straße anwinken lassen oder an Taxi-Ständen langsam vorrücken. Nur per Telefon lassen sich die elfenbeinfarbenen Daimler samt FahrerIn anheuern. Seit 1. Mai 1991 hält die Firma Hatscher ein vom Rat der Stadt subventioniertes Zusatzangebot bereit: Das „Frauenmobil“. Alle neun Hatscher-Mercedesse haben seit diesem Stichtag eine Leuchttafel hinter der Windschutzscheibe. Wenn sie in weiblicher Mission unterwegs sind, leuchtet ein angeknipster Schriftzug den Oldenburgerinnen dunkelblau entgegen: „Frauenmobil“. Am Steuer sitzen meistens Männer, denn Fahrerinnen scheuen bisher den Nachteinsatz.

Zwischen 20.30 Uhr und 1.30 Uhr können Oldenburger Frauen die Rufnummer 0441-81113 und damit die zuständige MitarbeiterIn in der Zentrale der Firma Hatscher anwählen. Spätestens nach einer halben Stunde steht ein Wagen vor der Tür. Fünf Mark kostet die Fahrt pro Person. Kinder bis vier Jahre fahren umsonst mit. Hunde gar nicht. Umwege müssen in Kauf genommen werden, da die Devise gilt: Sammelfahrt vor Einzelfahrt.

Im Prospekt der Stadt Oldenburg heißt es: „Für Frauen besteht die Möglichkeit, mit dem Frauenmobil sicher und ohne Angst vor möglichen Übergriffen auf dem Heimweg das vielfältige Veranstaltungs- und Freizeitangebot in Oldenburg zu nutzen.“ Subventioniert gefahren wird jedoch nur bis 2 Uhr nachts. Dann müssen die Oldenburgerinnen spätestens zu Hause sein. Dies legte der Verkehrsausschuß der Stadt fest. „Das ist männliche Politik in Oldenburg“, empört sich Mietwagenunternehmer Jörg Hatscher. Ein SPD-Mann im Verkehrsausschuß habe gar argumentiert: Der kommunale Bereich sei nicht dazu da, den Oldenburger Frauen die Freizeit zu finanzieren. Hatscher zur taz: „Ich bin da ein bißchen anders drauf. Wir würden lieber länger als bis zwei Uhr fahren, damit auch die Frauen, die in Gaststätten arbeiten, den Service in Anspruch nehmen können. Der Zeitraum zwischen zwei und drei Uhr wäre aufgund dieser Kundschaft sogar zuschußfrei zu gestalten.“

Jörg Hatscher rechnet vor: Ein spezieller Nacht-Service für Frauen sei nur rentabel, wenn möglichst viele Frauen anriefen und die Fahrten „gesammelt“, sprich: mehrere Frauen gleichzeitig befördert werden könnten. Ein weiteres Kriterium für die Rentabilität sieht er in der Grundfläche der jeweiligen Stadt. In einer Stadt wie Flensburg beispielsweise, die nur wenig Fläche habe, fahre der Frauen-Nacht-Taxi- Service ohne jeden Zuschußbedarf. Denn wenn in Flensburg normale Taxi-Fahrten durchschnittlich nur fünf Mark kosteten, halte sich das FrauenNacht-Taxi mit ebenfalls fünf Mark pro Fahrt an die Norm. Hatscher: „Oldenburg hat eine große Fläche. 30 Mark von einer Stadtecke zur anderen laufen da schon Mal pro Fahrt auf.“ Die 20.000 Mark städtischer Zuschuß für das erste Probehalbjahr seien daher in Oldenburg von Nöten, besonders weil der Nacht-Service zeitlich begrenzt und nicht genügend bekannt sei. Für eine Stadt wie Bremen sieht Hatscher ganz schwarz. Bremen sei zu groß, um das Oldenburger Modell kostengünstig nachzuahmen.

Die ersten Mai-Nächte lief der neue Service in Oldenburg schleppend an. Nur sieben bis acht Fahrten mit dem „Frauenmobil“ kamen pro Nacht zustande. Doch langsam steigert sich das Aufkommen. Am Abend vor Himmelfahrt riefen über 20 Frauen in der Zentrale an, immerhin drei Mal konnten rentable Sammelfahrten zusammengestellt werden.

Die schleppende Anfahrt des „Frauenmobils“ bedauert auch Ricarda Sacher. Sie ist eines der drei noch verbliebenen Mitglieder der Oldenburger Frauen- Nacht-Taxi-Initiative. Fünf Gründe macht sie für das langsame Anrollen verantwortlich: Erstens sei vom Frauenbüro der Stadt Oldenburg viel zu wenig für die Werbung getan worden. „Die Frauenbeauftragte hat sich für das Projekt nicht so stark gemacht, wie wir das erhofft haben. Zweiter Grund: Das Thema „Frauen- Nacht-Taxi“ habe sich über Jahre hingeschleppt bevor die Idee von der Stadt aufgegriffen und realisiert worden sei. Jetzt wo es das „Frauenmobil“ tatsächlich gebe, seien die Frauen des Themas „müde“. Drittens: Der Preis von fünf Mark sei zu hoch: „Welche Frau kann sich das leisten?“ Viertens: Das zeitliche Limit, daß Frauen aus dem Gaststättengewerbe von dem Service ausschließe sei hinderlich. Und fünfter Grund: Unter dem Namen „Frauenmobil“ könnten sich nur die wenigsten Frauen etwas vorstellen. Doch der bundesweit übliche Name „Frauen-Nacht- Taxi“ habe nicht verwandt werden dürfen, da der Mietwagen- Unternehmer Hatscher eben keine „Taxen“, sondern „Funkmietwagen“ sein eigen nenne. Barbara Debus

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