Arbeitslosenzahlen

■ betr.:Lage auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt spitzt sich weiter zu", taz vom 8.5.91

betr.: „Lage auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt spitzt sich weiter zu“, taz vom 8.5.91

Es ist doch wohl nicht zu fassen, daß Sie in regelmäßigen Abständen die Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) naiv und ungeprüft übernehmen. Ein intensiverer Blick in die Archive würde nämlich klar aufzeigen lassen, wie massiv die Statistik seit Mitte der achtziger Jahre im Rahmen der Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes manipuliert wird. Sukzessive wurden bestimmte Gruppen aus der Statistik weggedrückt: so zum Beispiel tauchen Lanzeitarbeitslose, die längere Zeit krank sind oder einen zweimonatigen Kurs absolvieren, danach wieder als „Neuzugänge'“ auf. Oder: ältere ArbeitnehmerInnen werden vom Arbeitsamt dazu gedrängt, in den Vorruhestand zu gehen und werden ab dem Zeitpunkt der Antragstellung statistisch nicht mehr als Arbeitslose erfaßt. Überhaupt werden all diejenigen, die irgendeinen dubiosen Kurs oder Lehrgang machen, die in ABM oder Umschulung sind, nicht als Arbeitslose registriert. Nach vorsichtigen Schätzungen der Bremer Arbeiterkammer betrug 1988 die reale (nicht- bereinigte) Arbeitslosenquote in der alten BRD ca. 16 Prozent.

Für die Zahlen der EX-DDR kommt zu diesen Manipulationen noch hinzu, daß gegenwärtig vom Statistischen Bundesamt sowie von der BA die Zahl der Erwerbspersonen beziehungsweise Erwerbstätigen — die ja die Grundlage für die Berechnung der Arbeitslosenquote ist — nur grob gepeilt wird; niemand weiß genaues, wie eine telefonische Recherche von uns ergab. [...] All diese Informationen sind dazu öffentlich zugänglich — man müßte eben nur hinter die Kulissen schauen wollen. Christa Sonnenfeld, Frankfurter Arbeitslosenzentrum