: Übles aus der Nobelvilla
■ Kruppsche Abwässer rinnen ungeklärt in die Ruhr
Essen (taz) — Ganz Dresden kackt in die Elbe. Daß es mit der Abwasserklärung bei den Ossis ziemlich trübe aussieht, weiß heutzutage jeder Wessi. Daß aber auch „tief im Westen“ nicht alles Wasser ist, was fließt, bringt den RuhrgebietlerInnen derzeit ein prominenter Ort in Erinnerung: die Kruppsche Villa Hügel oberhalb des Essener Baldeneysees. Die Prunkvilla, Essens bekanntester Veranstaltungsort mit Hunderttausenden von BesucherInnen pro Jahr, leitet ihre Abwässer ungeklärt in die Ruhr.
Aber nicht nur die Villa Hügel leistet ihren Beitrag, den Werbeslogan von der Ruhr als dem „saubersten Industriefluß Europas“ zu konterkarieren. Dem gesamten Wohngebiet rund um den Hügel- Park fehlt eine Kläranlage. Ins fünfte Jahr gehen nun die planerischen Bemühungen des Ruhrverbandes, der Abwasserpeinlichkeit im Essener Süden abzuhelfen. Eine bis Anfang dieses Jahres gesetzte Frist jedoch hielt der Verband nicht ein, sondern beantragte eine Verlängerung bis 1993.
Seit je, begründete der Ruhrverband die überlange Dauer seiner reinigenden Bemühungen, würden rund um die Villa Hügel verrohrte Bäche, Sickerwasser und Abwasser im chaotisch schäumenden Gemisch Richtung Ruhr geleitet. Dieses System zu entwirren, dauere eben.
Die Stadt Essen erklärte in gewohnter umweltpolitischer Ignoranz, sie wisse bis heute nicht, welches und wieviel Dreckwasser aus dem Hügel-Areal in den „saubersten Industriefluß Europas“ fließe. Daß jedenfalls alle meßbaren Schadstoffwerte unter allen denkbaren Grenzwerten liegen, versicherte gleichwohl der Ruhrverband. Kann er auch, denn der Dreck von der Villa plätschert mit viel Bach- und Regenwasser verdünnt zu Tal. So war all die Jahre eben alles in Ordnung.
Also, liebe Ossis, wenn Ihr die Elbe mal schonen wollt, kommt nach Essen und kackt in die Ruhr. Manchmal ist es bei uns ganz wie bei Euch. Nur, daß das eben nicht jeder Wessi weiß. bm
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