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Kein Entkommen aus dem Spiel

■ Henrik Ibsens »Nora« vom Deutschen Nationaltheater Weimar beim Theatertreffen

An Henrik Ibsens Stück »Nora oder ein Puppenheim« hat den Regisseur vor allem das Puppenheim interessiert. Dessen Zwangscharakter bietet Leander Haußmann mit dem Deutschen Nationaltheater Weimar als Erziehungskomödie dar. Unter seiner Regie ist Nora nicht mehr diejenige, die durch kleine Abweichungen im Verhalten gegen die Norm der bürgerlichen Gesellschaft protestiert, die als Rotkehlchen und Eichhörnchen sich den Konventionen zu entziehen versucht. In Haußmanns Puppenheim ist Noras Traum vom Wunderbaren auf die manierierte Umgangsform einer Hausgemeinschaft reduziert.

Zwischen Nora und der erweiterten Familie von Ehemann, Doktor und Freundin gibt es folglich keine Differenz. Nora ist mit ihren ausgespannten Armen eine sich häufig drehende Spieldosenfigur, aber auch ihre zu Besuch kommende Freundin steigt gleich in die exentrische Hausgestik ein. Wenn Nora sich den Wahn vom Gesicht wischt, wischen ihn sich die anderen Personen ebenfalls ab. Daher kann Nora am Ende dieses Haus und ihren Mann auch nicht verlassen — ein 1879 revolutionärer Akt —: die Emanzipationstüren sind veschlossen, da es kein Entkommen aus der generalisierten Spielexistenz gibt. Ihr Mann nimmt sie auf den Arm und dreht sich mit ihr in einen Tanz ein, den die ganze Welt immer schon tanzt. Das Puppenheim lüftet seinen Deckel und zeigt seine Rückansicht her.

Der verallgemeinerte Puppenstubencharakter verleiht der Inszenierung eine gewisse unverbindliche Leichtigkeit, gibt andererseits Anlaß für ein beschwingtes, gut durchchoreografiertes Spiel. Bis hinein in die Blockflötendarbietung der drei Kinder, die immer wieder im Gänsemarsch die Handlung durchqueren, sind die Elemente in einen spannungsreichen kompositorischen Fluß gebracht; Vorder- und Hintergrundspiel, überraschende Gesten und tänzerische Auflösungen erzeugen hohe Dichte, dienen sich in ihrem Slapstickcharakter aber auch dem Publikum an. Das alte Kindermädchen kommentiert vor dem Vorhang mit Max-und-Moritz-Zitaten: Sinnbildlich steht sie an der Grenze zwischen Bühne und Publikum, immer dort, wo der Vorhang fällt. Erst im zweiten Teil wird ein Jenseits der Puppenstube sichtbar, wenn uns wiederholt die Rückansicht der Personen, wo sich die Hände ineinander verkrampfen, vorgeführt wird. Nicht mehr glaubhaft wirkt indes die vorletzte Szene, in der Nora plötzlich reinen Tisch macht und nüchtern über ihre Ehegroteske spricht — zu sehr hallen noch das Trompetenspiel des Weihnachtsmanns und der Trommelwirbel der Kinder nach. Michaela Ott

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