Kleiner Kompromiß

■ EG und Efta wollen gemeinsamen Gerichtshof

Brüssel (afp/taz) — „Ein Traum wird wahr“, schwärmte der österreichische Außenminister und derzeitige Efta-Vorsitzende Wolfgang Schüssel gestern morgen in Brüssel. Sein Traum reicht vom Nordkap bis Sizilien — unter dem Rubrum „Europäischer Wirtschaftsraum“ (EWR) soll er den sechs Mitgliedsländern der Efta sowie Liechtenstein bis 1993 den Zugang zu dem großen europäischen Binnenmarkt ermöglichen. Doch die Wirklichkeit sieht mager aus: seit 1989 rangeln die ungleichen Partner EG und Efta bereits ohne sichtbare Erfolge um dieses Projekt. In der Nacht zu gestern jedoch sind die verhärteten Positionen zumindest in einer Frage in Bewegung geraten: die EG ist jetzt bereit, einen gemeinsamen „unabhängigen Gerichtshof“ für den EWR zu gründen.

Bei den Verhandlungen mußten vor allem die Schweizer Unterhändler Federn lassen. Nachdem sie einen „Generalvorbehalt“ im EWR verlangt hatten, mit dem sie jede Bestimmung noch mal eigens auf die Anwendungsmöglichkeiten für ihr Land überprüfen könnten, hatten ihnen einige EG-Staaten sogar die Tür gewiesen. Am Ende schlossen sich auch die Schweizer dem Kompromißvorschlag an.

Konkret einigten sich die zwölf EG-Staaten und die Efta-Länder auf die Errichtung eines Gerichtshofes, der „funktional“ in Luxemburg in den Europäischen Gerichtshof eingegliedert werden soll. In dieses Gericht können alle Efta-Länder je einen Richter entsenden. In der Schiedskammer wird die EG allerdings mit fünf zu drei Richtern die Mehrheit haben.

Die meisten strittigen Fragen zwischen der EG und ihren Zaungästen von der Efta bleiben allerdings ungelöst: So fordern die EG-Länder Spanien und Portugal das Recht, jährlich mindestens 30.000 Tonnen Fisch vor Islands Küsten fangen zu dürfen. Island lehnt diesen geplanten Eingriff in seine natürlichen Ressourcen strikt ab. Auch bei dem Transitverkehr durch die Alpen, der Liberalisierung der Landwirtschaft und der Freizügigkeit für Personen halten die Differenzen zwischen EG und Efta an. dora