Das Theatertreffen der Jugend verdutzt sich

■ Die zwölfte Werkschau prämierter Jugendtheater ist in Berlin zu sehen Eine Woche gastieren die jungen Theatermacher in Theatermanufaktur und Statthaus Böcklerpark

»Geheime Freunde« von der Anne-Frank-Realschule München

Berlin kann durchatmen: Die Gilde der Theaterprofis hat ihre prämierten Hochkulturprojekte der Berliner Prominenz (und einigen wenigen anderen) vorgestellt, hat ihre Urkunden des diesjährigen Berliner Theatertreffens eingeheimst und der Metropole nun schon wieder den Rücken gekehrt. Das war's! War's das? Nein. Wer mag, darf jetzt noch einmal die Luft anhalten:

Vorhang auf für das 12. Theatertreffen der Jugend! Das jugendliche Amateurtheater zeigt, was es auf dem Bühnenkasten hat. Acht prämierte Schülerproduktionen aus dem erweiterten Deutschland können in der kommenden Woche in der Theatermanufaktur am Halleschen Ufer und im Statthaus Böcklerpark (beide Kreuzberg) besichtigt, bestaunt und diskutiert werden.

Die achtzehnäugige und -ohrige Jury hat die Maßstäbe für ihre Auswahlkriterien gewiß nicht zu tief angesetzt: 144 Bewerbungen blieben auf der Strecke. Von den 22 aus den neuen Bundesländern eingegangenen Beiträgen wurden ganze zwei erwählt. Die Jury legte Wert darauf, daß die üblichen Formen der etablierten Bühnen nicht besinnungslos und unkritisch nachgeahmt wurden und daß andererseits der Konzentration auf die eigenen Probleme und Fragen der Akteure genug Spiellust und Schauwert entsprang, so daß sichergestellt ist, daß sich das Publikum nicht langweilen wird.

Die magere Ausbeute der neuen Bundesländer stimmt Jugendtreffenleiter Hans Chiout besonders traurig, hatte man sich doch gerade von hier neue Impulse versprochen. Die Dominanz der gymnasialen Vertreter hätte so dieses Jahr vielleicht endlich einmal durchbrochen werden können. Doch offensichtlich ließ die Stillegung vieler Betriebe in der ehemaligen DDR auch die oft angebundenen Jugendclubs sterben. Die über professionelle Bühnen organisierten Jugend- und Theaterclubs aber sind, soweit sie nicht aus finanziellen Gründen eingefroren sind, laut Chiout vor allem damit beschäftigt, sich an alten GRIPS- und Grütze-Stücken »abzuarbeiten«. Das Interesse der Jury an dieser »Aufholjagd« war nicht sehr groß: »Innovation« sei dem nicht abzugewinnen, hieß es.

Auch von den immerhin 71 Bewerbungen mit eigenen Stückversuchen und Improvisationen wurde keine für vorzeigbar erachtet. Offenbar lassen sich die kleinen und großen Probleme der eigenen Welt immer noch am Besten an der hohen Literatur abarbeiten, zumindest aber ästhetisch am wirkungsvollsten in Szene setzen (oder ist dies nur die Meinung der Lehrer, Gruppenleiter und Jurymitglieder?). Allen eingeladenen Produktionen ist jedenfalls auffällig die literarische Wurzel eigen. Rieke