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Kritik an Lobby-Politik der CSU

■ Harsche Kritik aus der CSFR und aus Bayern am Auftritt der CSU-Spitze beim Sudetendeutschen Tag in Nürnberg/ CSU-Spitze will angestrebte EG-Mitgliedschaft der CSFR an Bedingungen knüpfen

Nürnberg (taz) — Das revanchistische Poltern der Bayerischen Staatsregierung und der CSU-Spitze auf dem 42. Sudetendeutschen Tag in Nürnberg am vergangenen Wochenende hat nicht nur in der CSFR große Verärgerung ausgelöst, sondern auch im Freistaat selbst. Der bayerische FDP-Vorsitzende Josef Grünbeck, selbst Vertriebener und Vertreter der FDP im „Sudetendeutschen Rat“, hat dem bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl und dem Chef der Sudetendeutschen Landsmannschaft, dem ehemaligen bayerischen Staatsminister Franz Neubauer (CSU), „einen miesen Stil“ vorgeworfen. Beide hätten in Nürnberg eine „ganz üble Rolle gespielt“. Die CSU sei daher in der Bonner Koalition „kein berechenbarer Partner“ mehr.

Streibl, als Schirmherr der Großveranstaltung, und Neubauer hatten in Nürnberg versucht, Druck auf die CSFR-Regierung auszuüben. Der bayerische Ministerpräsident hatte die von der CSFR angestrebte EG- Mitgliedschaft an die Bedingung geknüpft, daß die Regierung in Prag Entschädigungen auch für die vor 1948 enteigneten Vermögen leisten bzw. entsprechende Eigentümer zurückgeben müsse. Zusammen mit Neubauer und dem CSU-Chef Theo Waigel hatte Streibl gefordert, daß die Vertriebenen an den derzeit laufenden Verhandlungen über einen Nachbarschaftsvertrag mit der CSFR beteiligt werden müßten. Derartige Verhandlungen dürften keine „geheime Kommandosache des Auswärtigen Amtes“ sein. Streibl warf zudem dem Amt vor, nur über die CSFR von dem Austausch erster Noten erfahren zu haben.

Im Gegensatz dazu wies Grünbeck darauf hin, daß eine entsprechende Informierung der CSU vom Auswärtigen Ausschuß des Bundestages hätte erfolgen müssen, dessen Vorsitzender immerhin der Union angehöre. Der bayerische FDP-Chef kritisierte die Entschädigungsforderungen der Landsmannschaft. Eine Beteiligung der Vertriebenen an den Regierungsverhandlungen hält Grünbeck für falsch. Auf Regierungsebene hätten Verbände oder andere Gruppen nichts zu suchen. Schließlich sitze der Bauernverband auch nicht mit in der EG-Agrarrunde.

Einen Tag zuvor hatte bereits der tschechoslowakische Außenminister Jiri Dienstbier eine direkte Beteiligung der Sudetendeutschen an den Verhandlungen über den deutsch- tschechoslowakischen Vertrag ausgeschlossen. Die CSFR-Regierung verhandele nur mit der Bundesregierung und nicht mit den Landsmannschaften. In der CSFR-Presse hatten die Auftritte von Streibl und Waigel in Nürnberg für große Empörung gesorgt. Ulrich Irmer, außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, kritisierte daraufhin die „Neben-Außenpolitik“ der CSU und verlangte von Bundeskanzler Kohl ein Machtwort, weil „die Provinzpartei“ CSU dem Ansehen der Bundesrepublik mehr und mehr Schaden zufüge. Bs

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