: »Den Fremdling nicht bedrücken«
■ Veranstaltungsreihe zur Flucht der Kurden in Spandau und Neukölln eröffnet Kurdisches Zentrum »Hinbun« feiert zehnjähriges Bestehen in Spandau
Charlottenburg/Spandau/Neukölln. Mit einer musikalisch umrahmten Veranstaltung in der Kapelle der Gedächtniskirche ist gestern nachmittag die parallel in Spandau und Neukölln laufende Ausstellung Traurige Reise eröffnet worden. Das Thema: Krieg in Kurdistan, die Opfer, die Flucht, die Folgen. Das Motto: »Für die, die ihre Stimme selbst nicht erheben können«.
Passend oder nicht: Die doppelt laufende Veranstaltungsreihe wurde von einer doppelten Frau Laurien eingeleitet. Hier werde die Kultur der Kurden gezeigt, und überhaupt klinge die kurdische Sprache so »liebevoll und versöhnlich«, befand so christlich gestimmt Frau Hanna-Renate Laurien. Ihre Schwester, Lona Kutzer- Laurien, Pfarrerin in Spandau, zitierte gar aus dem Ersten Buch Moses: »Wenn ein Fremdling wohnt in eurem Land, dann sollt ihr ihn nicht bedrücken.«
Des Rätsels Lösung für das doch etwas überraschende Engagement der Schwestern Laurien: Pfarrerin Lona ist Verantwortliche des Spandauer Kirchenkreises, der als Träger des »Hinbun« fungiert. Hinbun, ein kurdisches Wort, bedeutet »Lernen — Neues Erfahren« und hat einem längst über die Grenzen Spandaus bekannten interkulturellen Beratungs- und Bildungszentrum für Frauen und ihren Familien den Namen gegeben.
1981 gegründet, besteht die Einrichtung jetzt seit zehn Jahren. Eigentlich sollte das Jubiläum »fröhlich« gefeiert werden, aber angesichts der Ereignisse im Irak war denn doch niemand mehr nach Jubiläumsfeiern zumute. Die Kurdin Aso Agace — ebenfalls seit zehn Jahren im Hinbun aktiv — und andere Engagierte bemühten sich stattdessen um Solidarität für ihr bedrohtes Volk.
Eines der Produkte ist die nun eröffnete Ausstellung, die im Rathaus Neukölln und im Rathaus Spandau besichtigt werden kann. Im Kulturhaus Spandau sind außerdem Fotografien und Gemälde aus Kurdistan zu sehen. Vorträge, Lesungen und ein Filmprogramm begleiten die Traurige Reise. So hält beispielsweise Prof. Cemal Nebez heute um 17Uhr im Kulturhaus Spandau, Breite Straße 71a, einen Vortrag über »das vergessene Volk, Geschichte der Kurden«. Er wird am Montag um 18Uhr im Rathaus Neukölln, Karl-Marx-Straße 83, wiederholt. Und am Sonntag abend um 18Uhr gibt der kurdische Musiker Feqiye Teyra, der auch in der Gedächtniskirche aufspielte, ebenfalls im Kulturhaus ein Benefizkonzert.
Der Erlös soll an die Berliner Ärztekammer respektive die Aktion »Berliner helfen Kurden« gehen. usche
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