GASTKOMMENTAR
: Experten

■ BKA wirbt Personenschutzexperten bei der Stasi an

Bereits kurz nachdem die Mauer gefallen war, konnte man nur mit Verwunderung registrieren, wie wenig Berührungsangst bei Angehörigen des Bundeskriminalamts (BKA) bestand, Kontakte zum vom Stasi durchsetzten „Zentralen Kriminalamt“ (ZKA) in Ost-Berlin zu knüpfen. Zunächst ging es um Terrorismusfahndung, bald auch um andere Felder kriminalpolitischer Zusammenarbeit. Reger gegenseitiger Besucherverkehr zeugte davon, daß man auf fachlicher Ebene miteinander konnte. Wenn das BKA jetzt laut Reuter- Meldung 45 Stasi-Mitarbeiter einstellt, ist das nur die stringente Fortsetzung dessen, was seinerzeit angebahnt worden ist. Dem einen oder anderen BKA-Mann war damals ohnehin mit auf den Weg gegeben worden, Umschau nach „guten Leuten“ zu halten.

Nun kann man BKA-Perfektionisten zugute halten, daß man bei den Anfangskontakten viel, aber längst nicht alles über die Stasi wußte. Inzwischen müßte sich aber doch ein abgrundtiefer Graben aufgetan haben, den Verantwortlichen im BKA die Haare zu Berge stehen, wenn die von ihnen mit das Übermaßgebot strapazierender Rasterfahndungsgründlichkeit gesuchten Terroristen in der Ex- DDR von der Stasi versteckt oder ausgebildet oder mit Sprengstoff versorgt worden sind.

Trotzdem schreckt man nicht davor zurück, Ex- Stasi-Leute im BKA einzustellen. Ist das nur politische Instinktlosigkeit, so wie man Polizeigeneräle aus Folterstaaten in den Rheingau zum Essen einlädt?

Das auch. Aber hier geht es um Experten. Experten auf dem Gebiete des Personenschutzes, wie es heißt. Und nur auf diesem Gebiet sollen sie laut Innenministeriumssprecher beschäftigt werden. Es gibt allerdings kaum einen Beamten im BKA, der nicht nach ein paar Jahren sein Arbeitsgebiet intern wechselt, es ist dies sogar erklärte BKA-Personalpolitik. Und wer kümmert sich in fünf Jahren darum, was der Ex-Stasi-Mann inzwischen bearbeitet? Oder wer könnte es kontrollieren? Es ist nachgerade unerträglich, daß das „Know-how“ von solchen Leute „auf der anderen Seite“ gefragt ist, die, egal an welcher Stelle sie standen, ein Volk über 40 Jahre bespitzelt und unterdrückt haben.

Das BKA ist eine Bundesbehörde der Experten. Ganz sicher hat die ehemalige Stasi nicht nur auf dem Gebiete des Personenschutzes Experten hervorgebracht. Und nach 1945 geriet die Entnazifizierung zur Farce, weil Experten wieder gebraucht wurden. Dieter Schenk

Der Autor ist Publizist, Ex-BKA-Kriminaldirektor und Autor des Buches „BKA — Die Reise nach Beirut“.