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De Klerk läßt politische Gefangene frei

■ Laut ANC weitere 200 politische im Hungerstreik/ Staatschef de Klerk eröffnet „Konferenz über Gewalt und Einschüchterung“/ ANC, Cosatu und Kirchen haben Teilnahme abgelehnt

Kapstadt (afp/taz) — Die südafrikanische Regierung hat gestern sieben politische Gefangene, die sich seit drei Wochen in einem Hungerstreik befinden, freigelassen. Damit entschärfte die Regierung de Klerk quasi in letzter Minute die sich zuspitzende innenpolitische Situation, nachdem sich mindestens zwei Gefangene bereits in lebensbedrohlichem Zustand befunden hatten. Nach Angaben des ANC befinden sich weitere 200 politische Häftlinge im Hungerstreik, die entsprechend der im August 1990 unterzeichneten Vereinbarung zwischen Regierung und ANC eigentlich bis zum 30. April freigelassen werden sollten. Rund tausend wurden auf freien Fuß gesetzt, zahlreiche ANC-Anhänger, die vor allem wegen Gewaltdelikten gegen Weiße verurteilt worden waren, sind immer noch in Haft.

Der Vizepräsident des African National Congress (ANC), Nelson Mandela, hatte ebenso wie der anglikanische Erzbischof von Kapstadt, Desmund Tutu, zuvor beim südafrikanischen Justizminister Hendrik Coetsee und Staatschef Frederik de Klerk interveniert. Tutu hatte de Klerk vor den „schrecklichen Folgen“ für Südafrika gewarnt, falls einer der Gefangenen sterben sollte. Der Erzbischof spricht von siebzig Gefangenen, die weiterhin im Hungerstreik sind.

Unterdessen hat gestern in Pretoria die von der Regierung einberufene „Konferenz über Gewalt und Einschüchterung“ begonnen, die allerdings durch den Boykott wichtiger schwarzer Organisationen und Kirchenführer schon im Vorfeld gescheitert ist. Der ANC hat seine Teilnahme mit der Begründung verweigert, man sei vor Einberufung der Konferenz nicht konsultiert worden.

Zudem habe die Regierung die Bedingungen zur Beendigung der Gewalt in den Townships nicht erfüllt. Dort sind allein seit Jahresbeginn über 800 Menschen in Kämpfen zwischen Schwarzen ums Leben gekommen. Der ANC beschuldigt vor allem den Chef der Inkatha-Freiheitspartei und Zulu-Häuptling Mangosuthu Buthelezi, für die Unruhen verantwortlich zu sein. Buthulezi nimmt an der Konferenz in Pretoria teil.

Die mit dem ANC vebündete Gewerkschaft Cosatu, der „Pan Africanist Congress“ (PAC) und die sozialistische „Azania People's Organization“ (Azapo) boykottieren das Treffen ebenso wie der südafrikanische Rat der Kirchen sowie die Führer der jüdischen und moslemischen Gemeinden.

Ebenfalls abgesagt hat auch die rechtsextreme Konservative Partei Südafrikas (KP), die der regierenden National Partei (NP) unter anderem vorwirft, den ANC im Februar 1990 wieder legalisiert zu haben. Bei einer Nachwahl in Ladybrand im Oranje- Freistaat hat die reaktionäre Buren- Partei die National Partei klar geschlagen.

Die Nachwahl galt für beide Parteien als Test für die Stimmung der weißen Wähler in den traditionell konservativen Wahlbezirken.

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