piwik no script img

CSU kartet bei Polen-Verträgen nach

■ Die Koalitionsparteien einigen sich auf eine Bundestagsresolution, die die „deutschen Erwartungen“ zu den Rechten der deutschen Minderheit ausdrücken soll/ Keine völkerrechtliche Verbindlichkeit

Bonn(dpa/taz) - Nach wochenlangen Auseinandersetzungen mit der CSU hat sich die Bonner Koalition auf das Verfahren zur Verabschiedung des Nachbarschafts- und Grenzvertrages mit Polen verständigt. Führende Politiker von CDU, CSU und FDP vereinbarten am Dienstag in Bonn, daß der Bundestag in einer Entschließung die „deutschen Erwartungen“ zur Entwicklung der Beziehungen mit Polen — vor allem zum Schutz der deutschen Minderheit — darlegt.

Der Nachbarschaftsvertrag und der dazu gehörende Briefwechsel, deren mit Warschau ausgehandelter Wortlaut nicht verändert werden, sollen am 17. Juni in Bonn unterzeichnet werden. Die Paraphierung des Vertrages soll in der kommenden Woche in Warschau stattfinden.

Die Koalitionsführung setzte eine Kommission ein, die bis zum 17. Juni einen Resolutionsentwurf für den Bundestag ausarbeiten soll. Die Entschließung soll dann zeitgleich mit der Ratifizierung der Verträge angenommen und via Außenministerium der polnischen Seite mitgeteilt werden. Eine völkerrechtliche Bedeutung kommt ihr nicht zu.

Nach Angaben des Parlamentarischen Geschäftsführers der CDU/ CSU-Fraktion, Friedrich Bohl, soll die Entschließung beinhalten, wie sich der Bundestag die Umsetzung des Vertrages und den Schutz der deutschen Minderheit vorstellt. Dadurch, so Bohl, werde die „Notwendigkeit“, daß Polen die deutschen Erwartungen erfülle, unterstrichen.

Koalitionsrumoren zufolge geht der Vorschlag, zu den Polenverträgen eine Bundestagsresolution zu verabschieden, auf Genscher zurück. Er soll sich gegen die ursprünglichen Vorstellungen der CSU, neue Verhandlungen mit Polen über den Inhalt des vertragsbegleitenden Briefwechsels aufzunehmen, aufs heftigste gesträubt haben. Genscher lehnte auch neue einseitige Erklärungen der Bundesregierung zu den Verträgen ab, weil sie neues Mißtrauen schaffen würden.

Die CSU hatte die ganze Debatte unter anderem mit ihrer Forderung ausgelöst, die Zweisprachigkeit bei Ortsbezeichnungen in Gebieten mit deutscher Minderheit sowie die doppelte Staatsbürgerschaft durchzusetzen. Auch verlangte sie eine stärkere Einbeziehung der Vertriebenen in die deutsch-polnischen Kommissionen.

Der Generalsekretär des Bundes der Vertriebenen, Hartmut Koschyk, sagte der 'Bild‘-Zeitung, in der Entschließung des Bundestages müßten klare Aussagen stehen, daß man von Polen die in dem Vertrag angesprochenen Rechte für die Deutschen „ohne Wenn und Aber“ erwarte. Schon vor einem EG-Beitritt Polens müsse es für Vertriebene und Aussiedler möglich werden, „unter gesicherten Rechts- und Eigentumsbedingungen wieder in ihrer Heimat zu leben“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen