Bushs Abrüstungsinitiative für Nahost

Dem US-Präsidenten schwebt im Nahen Osten eine ABC-waffenfreie Zone vor/ Konventionelle Aufrüstung geht jedoch weiter/ Rüstungsexporte an Saudi-Arabien geplant  ■ Aus Washington Rolf Paasch

US-Präsident George Bush hat gestern eine neue Initiative zur Kontrolle der Massenvernichtungswaffen vorgestellt. In einer Rede vor den Kadetten der Luftwaffenakademie von Colorado Springs versuchte Bush, die militärischen Lehren aus dem Golfkrieg zu ziehen und damit seine bisher rein rhetorische Floskel von der „Neuen Weltordnung“ etwas auszufüllen. Als langfristiges Ziel der von ihm jetzt vorgeschlagenen Kontrolle der Massenvernichtungswaffen sieht Bush die Errichtung einer ABC-waffenfreien Zone im Nahen Osten.

Schon vor zwei Wochen hatten die USA ihren zukünftigen Verzicht auf die weitere Produktion von C-Waffen bekanntgegeben und damit die Konsequenz aus den Analysen des Pentagon gezogen, nach denen sich der potentielle Einsatz von C-Waffen im Golfkrieg als strategisch überflüssig herausgestellt hatte. Nun sollen auch die arabischen Staaten von der militärischen Nutzlosigkeit der C-Waffen überzeugt werden.

Bushs Vorschlag, auch die Atommächte der Region, also Israel, zur Herausgabe allen nuklearen Spaltmaterials und zum Verzicht auf die weitere Entwicklung von Atomwaffen zu bewegen, ist die logische Folge eines C-Waffenverbots. Solange Israel an der Bombe festhält, dürfte auch ein Verzicht der arabischen Staaten auf ihre C-Waffen unrealistisch sein.

Was der jetzt vorgestellten Abrüstungsinitiative jedoch völlig fehlt, ist die Einbeziehung konventioneller Waffen. Hatte Außenminister James Baker noch zu Zeiten des Golfkrieges eine Einschränkung der konventionellen Aufrüstung gefordert, ist zu diesem Punkt aus dem Weißen Haus nichts mehr zu hören gewesen. Im Gegenteil, die Bush-Administration plant derzeit konventionelle Waffenexporte an Saudi-Arabien in Höhe von 20 Milliarden Dollar, die allerdings vom Kongreß noch beschnitten werden dürften.

Während westliche Abrüstungsbefürworter den Verzicht auf ein konventionelles Abrüstungsregime beklagen, weil gerade hier die Gefahr für zukünftige Kriege in der Region liege, hat Israel andere Gründe, dieses Manko der Bush-Initiative zu kritisieren. Der Vorschlag des israelischen Verteidigungsministers Mosche Arens vom Montag, eine internationale Konferenz über die konventionelle Abrüstung einzuberufen, ist in diesem Zusammenhang als implizite Kritik an der Bush-Administration und als Ablenkung von deren Vorschlägen zur atomaren Abrüstung zu verstehen.

Enttäuscht blieb, wer sich darüberhinaus von Bushs Rede mehr zur Illustration seiner Vorstellungen von der „Neuen Weltordnung“ erhoffte; einem Begriff übrigens, der ihm — so die 'Washington Post‘ — im August letzten Jahres vor seinem Urlaubsdomizil an der Küste von Maine zusammen mit seinem Nationalen Sicherheitsberater Brent Scowcroft beim Fischen eingefallen ist.