: Westdeutsche Wirtschaft boomt, boomt und boomt
■ Investitionen treiben Konjunkturmotor/ Langsameres Tempo in Sicht
Wiesbaden (dpa/taz) — Westdeutschlands Wirtschaft boomt weiter. Die Unternehmen haben kräftig investiert, die Verbraucher viel konsumiert. Das Bruttosozialprodukt wuchs daher in der alten Bundesrepublik im 1. Quartal real um 4,2 Prozent gegenüber den ersten drei Monaten 1990. „Damit hat sich die seit drei Jahre anhaltende gute wirtschaftliche Entwicklung ungebrochen fortgesetzt“, konstatiert das Statistische Bundesamts in seinem neuen Bericht.
Die Zukunft jedoch sieht zumindest Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) nicht mehr so rosig. Es gebe „einige Zeichen“, so Möllemann, daß das hohe Tempo des Wirtschaftswachstums in Westdeutschland nicht gehalten werden könne. Andererseits aber stehe die Wirtschaftsentwicklung wegen der weiterhin kräftigen Investitionsneigung der Unternehmen auf einem soliden Fundament. Ostdeutschland bleibe dagegen zunächst trotz einiger Lichtblicke weiter in einer Strukturanpassung. Möllemann appellierte an die Konsumenten im Osten, mehr heimische Güter und Dienstleistungen nachzufragen.
Die entscheidenden Impulse für das westdeutsche Wachstum gingen von den Ausrüstungsinvestitionen aus, die im Berichtsquartal preisbereinigt um 13 Prozent höher waren als vor Jahresfrist. Witterungsbedingt waren dabei die Bauinvestitionen sogar um 1,5 Prozent rückläufig. Mitgetragen wurde die gute Konjunktur aber auch vom privaten Verbrauch, wobei die Konsumenten im 1.Quartal real 3,6 Prozent mehr ausgaben als ein Jahr zuvor.
Der Staatsverbrauch hat nach den vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes in Westdeutschland allerdings abgenommen, und zwar um 1,4 Prozent. Der Rückgang geht vor allem auf die Ausgaben des Bundes in der ehemaligen DDR zurück, die von den Statistikern als „Dienstleistungsexport von West nach Ost“ gebucht werden. Der Gesamtbetrag der fiktiven Dienstleistungsverkäufe des Bundes in das Gebiet der Ex-DDR belief sich auf knapp 2,5 Milliarden DM.
In jeweiligen Preisen erreichte das Bruttosozialprodukt im 1. Quartal ein Volumen von 614 Mrd. DM und lag damit um 7,7 Prozent höher als vor Jahresfrist. Dabei nahm das Volkseinkommen um 6,9 Prozent auf 469 Milliarden DM zu. Das verfügbare Einkommen der Privathaushalte stieg um 6,5 Prozent.
Schweiz in der Rezession
Bern (ap) — In der Schweiz ist die längste Wachstumsperiode seit dem Zweiten Weltkrieg beendet: Nach acht Jahren ununterbrochener Expansion ist die Schweizer Wirtschaft im ersten Quartal dieses Jahres in eine Rezession abgeglitten, wie das Berner Bundesamt für Konjunkturfragen gestern mitteilte. Das Bruttoinlandsprodukt ging im Vergleich zum ersten Quartal 1990 um 0,3 Prozent zurück. Gegenüber dem Vorquartal betrug die Abnahme 2,1 Prozent. Die Schweizer Bundeskommission für Konjunkturfragen hat für das zweite Halbjahr eine Erholung und für das gesamte Jahr ein Wachstum zwischen null und einem Prozent vorausgesagt.
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