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Debatte über RAF-Zellensteuerung

Streit über die Trennung der RAF-Gefangenen wird mit Zitaten aus einem BAW-Vermerk angeheizt  ■ Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) — Die Staatsschutzerkenntnisse über die Gefangenen der RAF sickern weiter portionsweise an die Öffentlichkeit. Mehrere Blätter präsentieren seit Wochenbeginn Zitate aus einem über zehnseitigen Vermerk des Generalbundesanwalts von Stahl, mit dem dieser Mitte April NRW-Justizminister Rolf Krumsiek versorgte und der auch der taz vorlag. Bei dem Papier handelt es sich um eine Auswertung der Zellenfunde, die den Behörden bei zwei Razzien in die Hände fielen.

Vor dem Mord an Bankchef Herrhausen Ende November 1989 habe es „eine Abstimmung zwischen dem Führungszirkel drinnen und der Komandoebene“ gegeben, schreibt die 'Welt‘. Außerdem sei bei der in Köln-Ossendorf einsitzenden Gefangenen Adelheid Schulz ein Papier gefunden worden, „das in drei Passagen wortindentische Entsprechungen zur Kommandoerklärung Herrhausen“ enthalten habe. In dem Springer-Blatt wird zudem ein Christian Klar zugeschriebener Kassiber wiedergegeben, in dem der Autor über Möglichkeiten und Chancen eines neuen Hungerstreiks spekuliert. Die Bundesregierung, so die Überlegung des Gefangenen, werde keine Eskalation riskieren, nur um für sechs oder sieben Gefangene „alles dicht zu machen“. Und wörtlich: „diesmal wissen sie, es wird aktionen geben. wenn uns etwas passiert.“

Die Kassiber belegen nach Ansicht des Generalbundesanwalts, „daß der Führungszirkel der Inhaftierten die Gesamtführerschaft innerhalb der RAF beansprucht und entsprechend dieser Funktion sich auch mit dem operativen Bereich ,draußen‘ abstimmt.“

Ob die Zitate aus dem „Geheimvermerk“ inhaltlich Neues enthalten, erscheint mehr als zweifelhaft. Seit 1989 ist bekannt, daß das „Kommando Wolfgang Beer“ die Erklärung zum Herrhausen-Anschlag aus Texten der Gefangenen — etwa einer Prozeßerklärung von Eva Haule — zusammenschrieb. Solche Texte sind auch anderen Gefangenen zugänglich und beweisen keinesfalls den Vorwurf der Zellensteuerung. Spätestens seit dem März 1990 wissen die Sicherheitsbehörden auch, daß es Kontakte zwischen den Gefangenen und der aktiven RAF gibt. Auch aus den an „b.“, „bernh.“ gerichteten Kassibern läßt sich jedoch keine Steuerung aus den Zellen konstruieren.

Den Verdacht der „Abstimmung“ zwischen Gefangenenen und RAF- Kommando im Vorfeld der Ermordung Herrhausens erhärtet nach Ansicht von Stahls schließlich ein Kassiber von Helmut Pohl, der aber bereits im August 1989 aufgefunden worden sei. Wenn die RAF nichts mache, heißt es darin, glaube die andere Seite vielleicht, es gebe keinen Grund mehr zur Zusammenlegung. Und: „Ich meinte ja (habs aber erst später losgekriegt), daß es gleich nach dem Ende gut gewesen wäre.“ Von Stahl interpretiert „es“ als den Anschlag gegen Herrhausen nach dem Ende des Hungerstreik.

Noch vor einer Woche hatte der Hamburger Verfassungsschutzchef Lochte Spekulationen über eine „Anschlagsteuerung aus der Haft“ als „Windei“ bezeichnet.

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