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INTERVIEW»Kein Zuschlag für Spekulation«

■ Interview mit Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD) über die Grundstücksvergabe

taz: Herr Meisner, nach welchen Kriterien verkauft die Treuhand die Grundstücke der ehemaligen VEBs?

Meisner: Die Treuhand trennt die früheren Reserveflächen der Kombinate von den Betrieben ab und verkauft die nicht betriebsnotwendigen Flächen für andere wirtschaftliche Investitionen. Das macht sie nach dem Berliner Modell, also in Absprache mit dem Senat.

Nach welchen Kriterien entscheidet die Treuhand, wer das Grundstück bekommt?

Die Treuhand muß zwar sehen, daß sie Geld dafür bekommt, aber sie nimmt nicht das Höchstangebot, sondern eines, bei dem die Investitionen das Interessante sind. Der höchste erzielte Preis lag bei 2.750 Mark pro Quadratmeter.

Für einzelne Grundstücke an der Friedrichstraße sollen angeblich 10.000 Mark und mehr pro Quadratmeter geboten worden sein.

Ja, für Grundstücksspekulation, aber wir suchen Investoren. Wir geben den Zuschlag nicht für das Grundstück, sondern für eine Investition in einer bestimmten Zeit mit einer bestimmten Menge Arbeitsplätze.

Wie wird verhindert, daß eine Firma einen Betrieb kauft, nur um das Grundstück zu bekommen und den Betrieb dann entgegen den Absprachen schließt?

Die Firmen, die einen Betrieb von der Treuhand kaufen, müssen vorher ein Konzept auf den Tisch legen. Und dann macht die Treuhand Verträge, in denen alle Verpflichtungen des Inverstors festgeschrieben sind.

Was passiert, wenn der Investor sich nicht daran hält?

Die Treuhand baut gerade ein »Vertragscontrolling« auf. Dazu gehören Strafen, die bei einer Vertragsverletzung verhängt werden. Das geht bis zu dem Heimfall des Grundstücks. Auf keinen Fall wird der Erwerber eines Betriebes fähig sein, mit der Fläche zu handeln. Denn dann wird die Treuhand den Gewinn zurückfordern.

Einige größere Flächen sind an bekannte westdeutsche Baufirmen gegangen. Hochtief zum Beispiel, die Hausbau oder Doblinger...

Auch diese Firmen haben bestimmte Konditionen zu erfüllen. Wir haben einen großen Mangel an Gewerberaum, deshalb ist die Treuhand sicher aufgeschlossen, wenn jemand das baut.

Kommen Berliner Firmen nicht zum Zug?

Oh doch. Ein Großteil der Betriebe geht an Berliner Firmen, ein Teil an westdeutsche, ein Teil an ausländische Firmen. Wegen der übergroßen Zurückhaltung westdeutscher Firmen steigen zunehmend Ausländer ein. Das ist auch gewollt.

Wäre es nicht sinnvoll, daß das Land Berlin die Grundstücke kauft und sie in Erbpacht weitergibt?

Das ist möglich, aber viele Firmen haben kein Interesse an Erbpacht. Wenn der Verkehrswert steigt, steigt auch die Erbpacht. Und was die Verfügbarkeit für das Land Berlin angeht: Die Erbpachtverträge werden ja auch auf 50, 70 oder 99 Jahre abgeschlossen, da ist das Grundstück auch nicht mehr für Berlin verfügbar. Interview: esch

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