: Aufforderung zur Denunziation
■ Roloff-Momin läßt Kulturpolitik machen
In einem Gespräch über Brecht-Erben, die Komische Oper, DDR- Kultur, Rackwitz, Kupfer und Barenboim setzte Kultursenator Roloff-Momin seine bisherige kulturpolitische Beschwichtigungslinie mittels vorauseilenden Gehorsams fort. Bei der Ablösung des BE-Intendanten Manfred Wekwerth habe er den Wunsch des Ensembles umgesetzt, sagte Roloff-Momin. »Eine ähnlich deutliche Ensemblemeinung« habe er bisher von keiner anderen Bühne der Stadt gehört. Auf die Frage, ob er zum Beispiel auch den langjährigen Intendanten der Komischen Oper, Werner Rackwitz, ablösen wolle — Rackwitz war u.a. Leiter der Abteilung Musik im DDR-Kulturministerium und stellvertretender Kulturminister —, sagte der Senator: »Es ist richtig, daß Rackwitz eine sehr prononcierte Stellung in der Kulturpolitik der früheren DDR hatte. Andererseits muß ich auch konzidieren können, daß sich jemand unter neuen Umständen anders verhält. Ob er anders denkt, weiß ich nicht, und das interessiert mich auch nicht. Jedenfalls gibt es keine Beschwerden des Ensembles gegen ihn.« Wanja Abramowski, Leiter des Heimatgeschichtlichen Kabinetts des Bezirks Hohenschönhausen und Mitglied des Neuen Forums, wurde auf Betreiben Roloff- Momins und als Reaktion auf die »Stimmung im Osten« soeben entlassen.
Roloff-Momin wandte sich außerdem gegen Befürchtungen, nach denen es ein »Kupfer-Kombinat« geben könnte. Der Chefregisseur der Komischen Oper, Harry Kupfer, werde den künftigen künstlerischen Leiter der Deutschen Staatsoper Unter den Linden, Daniel Barenboim, lediglich künstlerisch beraten und darüber hinaus mit ihm jährlich eine Inszenierung machen. »Es gibt keine Gefahr, daß es hier in Berlin irgendwann ein Kupfer-Kombinat gibt. Harry Kupfer wird die Komische Oper weiterprägen, das soll sein Stammhaus bleiben.«
Das Problem mit den Brecht-Erben am Berliner Ensemble hält Roloff-Momin für »erledigt«. »Wir haben das geltende Urheberrecht der Bundesrepublik zu achten, und das kennt keine Sonderbehandlung für Theater im östlichen Teil Berlins. Insofern ist das, was den Brecht-Erben durch Erlaß des damaligen Kulturministers der DDR eingeräumt worden ist — nämlich in der Tat eine Sonderstellung ihrer Rechte gegenüber dem Berliner Ensemble — seit dem 3. Oktober 1990 nicht mehr existent.« Nach den geltenden Urheberrechtsbestimmungen können die Erben darüber entscheiden, ob sie Aufführungs-, Darstellungs- und Verwertungsrechte vergeben oder nicht. Im Rahmen dieses Urheberrechtes entscheide der Intendant über die künstlerischen Fragen. Roloff- Momin habe dies den Erben mitgeteilt. »Es wurde zur Kenntnis genommen, und es rumort noch ein bißchen. Das ist menschlich verständlich, und es ist ja auch schwierig, von Sonderrechten Abschied zu nehmen. Es ist ein neuer Abschnitt für alle.«
Das Brecht-Archiv, das jetzt »unter dem Alexanderplatz im Tresor der Sparkasse« liege, sei unter Schutz gestellt und in das Verzeichnis des national wertvollen Kulturgutes aufgenommen worden. Der Senat befinde sich zur Zeit in Verhandlungen, das Brecht-Archiv für eine öffentliche Nutzung zu erwerben. dpa/taz
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen