Theatersplitter

■ Berliner Off-Bühnen am Wochenende

Das Theater der Insider bevölkert die Stadt: Hauch des Besonderen, Ruch des Abgehobenen? Drei Beispiele: ein Flop und zwei Geheimtips.

Insider 1: Die Theaterwerkstatt Charlottenburg ist bekannt für ihre ambitionierten Amateurprojekte. Doch mit ihrem neuesten Stück ging's daneben. Neil Simons »Brooklyn Memoires« beschreiben die armselige wie aufmüpfige Jugend des Autors im New York der späten 20er. Eines von diesen Broadway-Stücken, die unentwegt dem Zuschauer zublinzeln, um den sozialen Konflikt mit pathetischer Anbiederung zu verkleistern. Eine Milieustudie mit Kitschneurose, wie geschaffen für unsere Boulevardbühnen (wo es demnächst tatsächlich auch zu sehen sein wird). Mag der Pointenreigen und die Pubertätserotik Simons auch einige darstellerische Scharten vergessen lassen, wirklich zu empfehlen bleibt dieser Abend nur den Freunden und Förderern des Amateurtheaters selber. Ambition ist hier schon alles. Fr, Sa, 20.00, Café Theater Schalotte.

Insider 2: Wladimir und Estragon — zwei Outsider mit literaturhistorischer Karriere — warten nun schon bald 40 Jahre auf den entwischten Hoffnungsträger, der den Welt-Sinn neu instandsetzt. Doch so fröhlich-naßforsch-anarchistisch wie jetzt bei den Berlin Playactors in der Theatermanufaktur wurde »Waiting for Godot« wohl höchst selten ausgefüllt. Das miese Erdendasein ist in einen spritzigen und mutwilligen Lebenskampf verwandelt, und wie programmatisch Langeweile zum Leerlauf des absurden Seins auch zäshlen mag, hier blieb sie voll im Vorfeld stecken. Absurdes Theater zum Anfassen — ohne elitäres Über-, Vorund Unterfeld. Allerdings auf Englisch — doch wer sich dessen nicht mächtig fühlt, sollte nicht verzagen: allen vier Akteuren sitzt der Schalk im Nacken; und der spricht alle Sprachen. Fr-So, 20.00, Theatermanufaktur.

Insider 3: Auch »Der letzte Spezialist spricht fremdländisch: Jean Verdier ist Franzose. Doch hätte er die (vorhandene) amüsante Live-Synchronisation kaum nötig — sein Gesicht allein spricht Bände. Der Theatervorhangs-Spezialist weiß einiges zu berichten und gestattet uns den Blick hinter die Kulisse: Die Theatermaschinerie als Comical, bizarr und manchmal etwas traurig. Wer immer schon mal wissen wollte, was es mit dem Mutterkomplex von Klein-Hamlet auf sich hat oder wie an der Mailänder Scala moderne Opern inszeniert werden — hier ist er richtig. Am Ende darf er dann der sehr speziellen Parodie auf ein sehr spezielles Oublikum beiwohnen: Im Übü-Theater wird jeder, der kommt, zum Insider gekürt — ob er will oder nicht; es sei denn, ihm fehlt das Zwerchfell. Fr-So, 20.00, ÜbÜ-Theater. Baal