Briefbombe tötet Berliner Bauchef

■ Leiter der Senatsbauverwaltung, Hanno Klein, ist das erste Todesopfer eines Briefbombenanschlags/ Klein war maßgeblich am Verkauf eines zentralen Berliner Grundstücks an Daimler Benz beteiligt

Berlin (taz) — Der Referatsleiter der Berliner Senatsbauverwaltung, Hanno Klein, ist in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag bei einem Attentat durch eine Briefbombe ums Leben gekommen. Der 48jährige Referatsleiter, der für Investitionsvorhaben zuständig war, organsierte den Grundstücksverkauf am Potsdamer Platz an Daimler Benz maßgeblich mit. Der Berliner Staatsschutz, der die Ermittlungen übernommen hat, geht daher von einem politischen Tatmotiv aus. Ein Bekennerschreiben lag bei Redaktionschluß noch nicht vor.

Hanno Klein war gestern morgen gegen 8.25 Uhr von seiner Lebensgefährtin tot in der gemeinsamen Wohnung im Stadtteil Wilmersdorf aufgefunden worden. Der Staatsschutz vermutet jedoch, daß der Referatsleiter schon am Vorabend lebensgefährlich verletzt worden war, weil ein Mieter im gleichen Haus zu dieser Zeit einen Knall gehört haben will. Der hellbraune, luftgepolsterte DIN A 5 Briefumschlag mit dem tötlichen Inhalt war laut Poststempel am 11. Juni abgeschickt worden. Er traf vermutlich einen Tag später bei Hanno Klein ein, der den Brief nach seiner Heimkehr am Mittwoch abend öffnete. Die genauen Todesumstände stehen noch nicht fest.

Der Leiter des Berliner Staatsschutzes, Piete, deutete gegenüber der taz an, daß der Referatsleiter schwere Gesichtsverletzungen davongetragen habe und möglicherweise verblutet sei. Seine Lebensgefährtin war erst am Morgen in die Wohnung gekommen. Piete sprach gestern davon, daß in dem Umschlag nicht näher genannte Spuren gefunden wurden, von denen man sich Erkenntnisse erhoffe.

Daß in Berlin oder im Bundesgebiet schon jemals ein Mensch mit einer Briefbombe getötet worden sei, war Piete nicht bekannt. Vor einiger Zeit gab es in Berlin zwar eine Anschlagsserie durch Briefbomben, die beiden Empfänger — einer davon ein Pfarrer — kamen jedoch unbeschadet davon, weil die Wirkung der Bombe durch eine Art Verpfuffung aufgehoben worden war. Ein Zusammenhang dieser Anschläge mit dem Attentat auf Hanno Klein wurde gestern ausgeschlossen.

Klein war eine der wichtigsten Figuren in der Berliner Stadtplanung. Als sogenannter „Investorenbetreuer“ bei der Senatsbauverwaltung saß er an einer bedeutenden Schaltstelle der neuen Berliner Gründerzeit, die mit der Grenzöffnung begann. Die umstrittene Ansiedlung der Konzernzentrale des Daimler- Dienstleistunsunternehmens Debis am Potsdamer Platz hatte er seit Anfang 1989 maßgeblich ausgehandelt und begleitet.

Klein schrieb es sich selbst als Verdienst zu, dem Konzern den Bauplatz in dieser Traumlage erfolgreich angetragen zu haben. Kritiker warfen ihm vor, allzuviel hinter verschlossenenen Türen zu planen. Mit dem Verkauf des 60.000 Quadratmeter großen Grundstücks an Daimler- Benz im Sommer 1990 hat der Berliner Senat nach Meinung vieler Stadtplaner ein verhängnisvolles Präjudiz für die Stadtentwicklung an dieser zentralen Stelle des vereinigten Berlin gesetzt.

Seit einem Jahr war Klein vor allem für die Betreuung von Bauvorhaben in der alten Stadtmitte, entlang der Friedrichstraße, verantwortlich. Der ideenreiche und wortgewandte Stadtplaner war seit 1976 in verschiedenen Positionen für die Berliner Senatsbehörden tätig. So war er in den 80er Jahren wesentlich an den Planungen für das Westberliner Kulturforum und den sogenannten „Zentralen Bereich“ rund um den Potsdamer Platz beteiligt.

Klein war Mitglied der SPD, noch bis in die 80er Jahre galt er manchem als der „rote Hanno von Reinickendorf“.

Nach eigenen Worten von der 68er-Bewegung beeinflußt, organisierte er ab 1977 zusammen mit dem Kreuzberger Pfarrer Klaus Duntze das Planungsverfahren „Strategien für Kreuzberg“, das den Verfall des alten Arbeiterbezirkes stoppen sollte. Angelegt als großer Bürgerwettbewerb, stellte es ein für damalige Verhältnisse sensationell offenes Verfahren dar. Plu/hmt