: Keine heiße Spur im Mordfall Klein
■ Polizei ermittelt nach der Briefbombe gegen den Referatsleiter des Berliner Senats „in alle Richtungen“/ Immer noch kein Bekennerbrief/ Polizei vermutet verstärkt politische Motive für die Tat
Berlin (taz) — Die Berliner Polizei hat noch keine heiße Spur, die zu den Urhebern des Mords an dem Senatsbaubeamten Hanno Klein führen könnte. Auch ein Bekennerschreiben sei bis jetzt nicht eingetroffen, sagte der Leiter des polizeilichen Staatsschutzes, Dieter Piete, gestern der taz. Die Obduktion habe lediglich bestätigt, daß Klein am Mittwoch abend gegen 22 Uhr den Verletzungen erlegen sei, die eine Briefbombe ihm zufügte. Der Tod sei durch Gehirnlähmung infolge der Druckwirkung der Bombe eingetreten, „in Verbindung mit dem hohen Blutverlust“ aus Wunden im Gesicht, die von den Bombensplittern verursacht worden waren.
Wie berichtet, war Klein am Donnerstag morgen in seiner Privatwohnung im Stadtbezirk Wilmersdorf tot aufgefunden worden. Der 48jährige war als Referatsleiter für besondere Investitionsvorhaben in der Berliner Senatsbauverwaltung unter anderem beteiligt an der Ansiedlung einer Daimler-Benz-Zentrale am Potsdamer Platz und zuständig für eine Reihe von Großprojekten entlang der Friedrichstraße in Berlin-Mitte.
Die Polizei ermittele nach wie vor „in allen Richtungen“, sagte Polizeivizepräsident Dieter Schenk. Noch am Donnerstag hatte die Polizei eine 15köpfige Sonderkommission eingesetzt und für Hinweise 10.000 Mark Belohnung ausgesetzt. Zwei Hinweise aus der Bevölkerung entpuppten sich im Laufe des gestrigen Tages als wertlos.
Im Vordergrund steht für die Polizei offenbar nach wie vor der Verdacht, daß politische Motive zu dem Mord führten. „Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand“ könne er eine in Zeitungsberichten vermutete „Stasi-Connection“ ausschließen, sagte Piete. Die Briefbombe mit einem aus Selbstlaborat zusammengestellten Sprengsatz sei eindeutig westlicher Bauart. Es sei zwar nicht auszuschließen, daß der Mord auch „private oder berufliche“ Hintergründe haben könnte, dies sei jedoch weniger wahrscheinlich. Im Gegensatz zu politisch motivierten Tätern verwendeten „gewöhnliche Mörder“ eher Pistolen, Messer oder Gift statt Briefbomben.
Ein möglicher Auslöser für den Mord an Klein könnte nach Ansicht von Beobachtern in Äußerungen des Beamten in einem Bericht des 'Spiegel‘ vom April zu finden sein. Klein war dort mit den Worten zitiert worden, Berlin brauche eine Gründerzeit „mit Markanz und Brutalität“. Stadtplanung bedeute in diesem Zusammenhang nichts anderes als „gut organisierte Verdrängung“ ärmerer Bevölkerungsteile. Sie müßten aus den Innenstadtquartieren in die schlecht ausgestatteten Trabantenstädte im Ostteil der Stadt ausweichen. hmt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen