"...dann können wir feiern"-betr.: "Der Linken letztes Gefecht" von Klaus Hartung, taz vom 12.6.91

betr.: „Der Linken letztes Gefecht“ von Klaus Hartung,

taz vom 12.6.91

„Um an dieser Stelle ganz klar zu sein: um Himmels willen nicht zurück zu den linken Weltbildern, auch nicht zu den 68er Ideologien. Aber den kritischen Impetus, den sollte man sich doch bewahren.“ schreibt Klaus Hartung. Er ist da ganz klar.

Ich wäre erfreut, wenn eine Konsequenz, die auf der Hand liegt, bei dieser Verwirrtheit, nicht einträte. Der „kritische Impetus“ bedeutet doch, wenn er nicht mehr durch Weltbilder gelenkt ist, ein ungezieltes Kritisieren. Der Prozeß des Kritisierens gibt noch nicht preis, daß er hinterrücks ein neues, sich nämlich aus Negativurteilen, aus Tabus, dem „erfolgreich“ Kritisierten eben, und den damit zusammenhängenden Gegenteilen gestaltendes Weltbild schafft. Sobald aber dieser Prozeß Pause macht und eine „unkritische“, gar „unwillkürliche“ Urteilsfindung eintritt, wird Klaus Hartung et al wohl entdecken, daß sie ein Weltbild haben — und dem, was sie kritisieren, weil sie sich spezialisiert fühlten, expertenhaft in seinen Sachen, als feindlichem Gegenbild, und wenn es tausendmal die eigene Geschichte ist. Wenn Hartung und Ihr anderen dann nicht zu Neuen Rechten geworden seid — dann können wir feiern.

[...] Es geht nicht ohne Weltbild, und deswegen kann man Weltbilder auch gleich rational handhaben. Wenn dabei noch moralische Überzeugungen, zum Beispiel Menschenrechte, überleben, werden die Weltbilder eben links. Ich glaube Hartung, daß er das vermeiden kann — so wie der Konrad Weiß, wie Ihr in der gleichen Ausgabe meldet, die Einwanderungsquoten fordert. Denn ostdeutsche Nazi-Neurotiker dürfen jetzt begründen, warum weltweite Notlagen in Quanten geschehen, die diesen neuen Grünen passen. Ihr Kopflosen! So weit darf man das Mitgefühl mit dem neuen Fünftel der Deutschen nicht treiben, daß man darüber Menschenrechte und anständiges Nachdenken über Bord wirft! Von den Menschen in den FNL würden von dieser blinden Selbstwegschmeiße auch nur einige Knobelbecherne profitieren. Eckard Sträßner