Rotkäppchen's Feuertanz

■ Heute: Das Bla Bla Bla in der Sredzkistraße

Die Sredzkistraße galt lange als häßlichste und längste Nebenstraße im Prenzlauer Berg. An einem Ende befindet sich der Franz-Club, am anderen die Prenzlauer Allee: doch dazwischen war eigentlich nichts. Erhöht wurde dieses Vakuum noch durch die Anrainerstraßen, die samt und sonders erblühten, und so die Sredzkistraße zur Durchgangstraße degradierten. Da ist es nur gerecht, wenn sie jetzt auch eine Kneipe hat: der/die/das Bla Bla.

Bla Bla: das trifft es, das geht schon in Ordnung, denn Blabla ist immer gut. Allerdings muß man zwei Vorausetzungen erfüllen — doch nichts leichter als das. Entweder man hat vor Bla Bla-Antritt schon Spirituosen genossen, oder man geht in Gesellschaft hin. Oder aber man rechnet auf ein bekanntes Gesicht. Solo ist man echt aufgeschmissen. Man bleibt wie festgenagelt auf dem Barhocker kleben und schaut dem Personal geduldig beim Gläserspülen zu, möglich aber auch, daß man in einer der pompösen Ledergarnituren versinkt, die Arme links und rechts auf dem Knautschlack ausgebreitet, ein Bein lässig über das andere gewinkelt, das Bier dreimeterfuffzig weit weg auf dem kleinen Tischchen; Unterhaltung wird schwierig, da die anderen am Tisch (kann man eigentlich gar nicht sagen: am Tisch) sich ähnlich tun, dazwischen das Klacken der Dart-Spieler. Da ist man dann schon sehr alleine.

Völlig umgedreht kann der Abend werden, geht man in netter Begleitung ins Bla Bla. Zufreiden lehnt man sich in die Sessel oder plaudert angeregt am Tresen und trinkt dabei ein wirklich gut gezapftes Bier. Das Bla Bla entspricht in seinem Habitus durchaus schon der zweiten Generation von Ostberliner Szenekneipen. Die verruchte Intimität von wackligen Holzstühlen und Behelfstühlen ist dahin und hat mit einer professionelleren Atmosphäre auch einem anderen Publikum Platz gemacht. Daraus resultiert sicher auch die Ambivalenz, mit der das Bla Bla aufwarten kann. Je nach Stimmung und Gesellschaftsituation verändert die Kneipe ihr Gesicht, wird dadurch unabhängig vom Publikum und Feeling und leider auch — anonymer. Volker Handloik (Foto: Susanne Schleyer)