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Schlachtplatte live

■ Monstershow im Modernes: G.W.A.R. mit Heavy Metal und kübelweise Blut

Vor dem Modernes auf der Straße stehen Menschen mit anscheinend blutverklebten Haaren, rotgetränkter Kleidung und lachen. Was ist passiert? Die US-Heavy- Metal-Band G.W.A.R. war in der Stadt. „Ich hab' von der Musik gar nichts mitgekriegt, ich habe nur geguckt“, sagt einer. Am Eingang des Modernsten warnte bereits ein Schild. „Für Sach-und Personenschäden wird nicht gehaftet“.

Die weiträumig mit Plastikplanen abgedeckte Bühne verwandelt sich in ein Szenario für eine Art Steinzeit-Monsters of the Universe. Zu den harschen Gitarrenklängen der als Monsterechsen verkleideten Musiker stampfen Ungeheuer mit zackigen Schulterauswüchsen und runzligen Riesenpimmeln aus Plastik umher. Ein mächtiger Schwung mit dem Hackebeil, und schon kullert ein Kopf über die Bühne. Aus dem Halsstumpf schießt eine meterlange rote Fontäne ins Publikum. Die Menschen vor der Bühne entsetzen sich nicht etwa über das gefärbte Wasser auf ihrer Kleidung. Sie tanzen ausgelassen.

Was da in der Folgezeit an Abscheulichkeiten geboten wird, ist wohl nur mit einem amerikanischen Hang zur Wahllosigkeit zu erklären. Eine im Vergleich zu den europäischen Nationen geschichtslose Gesellschaft schafft sich eigene Mythen und benutzt dabei alle greifbaren Versatzstücke aus der Bibel, aus Märchen und aus ur-amerikanischenen Comic-Legenden.

Unablässig tauchten neue Fabelfiguren auf, stolperten hilflos durch das Chaos auf der Bühne, nur um massakriert zu werden. Einem dickwanstigen Priester zertrümmerten die gepanzerten Monster zunächst den Kopf, rissen ihm die Eingeweide aus dem aufgeschlitzen Pappmache- Bauch und stießen ihm dann ein großes Kruzifix ins Hinterteil. Damit aber nicht genug, auch vergewaltigt mußte er noch werden, damit der Sänger danach mit seinem Riesenschwengel minutenlang breitstrahlig die begeisterten ZuschauerInnen bespritzen konnte.

G.W.A.R. hatte an Ideen wahrlich nicht gespart. Auf einer Leinwand liefen Napalm-Attacken und Feuerstürme, während die einzige Frau des Unternehmens mit Fackeln die Übermänner auf der Bühne verstümmelte, die Flammen mastubierend zwischen den Beinen rieb und dann (Sie erraten es bestimmt schon) rote Flüssigkeit menstruierte. Meterweit und auf die Köpfe der Fans.

Zwei Jahre sollen die Vorbereitungen der Performance gedauert haben, in den USA beendete die Polizei die Horrorschau oft nach wenigen Minuten. In Bremen blieb alles ruhig, beinahe gelassen. „Die perfekte Anmach- Show“, hieß es hinterher auf der Straße. J.F.The Ripper

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