: Bayer-Kritiker mischten auf
■ Sensationelle Stimmergebnisse bei Hauptversammlung/ Kleinaktionäre kamen in Massen
Köln (taz) — Mit bisher noch nie erreichten Stimmenanteilen für die Anträge der kritischen Aktionäre endete am Mittwoch die Aktionärshauptversammlung des Leverkusener Bayer-Konzerns. Zwischen 3,68 und 4,28 Prozent aller abstimmenden Aktien stimmten gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat und gegen die vom Vorstand beantragte Gewinnverteilung. Der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Dr. Herbert Grünewald verlas als Versammlungsleiter diese erstaunlichen Abstimmunmgsergebnisse scheinbar ungerührt, während die in der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ zusammengeschlossenen KritikerInnen in spontane Jubelstürme ausbrachen. Einen derartigen Achtungserfolg gegen die Aktienpakete der Banken und Konzerne hat es bisher noch nicht gegeben.
Seit zehn Jahren rücken die „Kritischen“ dem Chemie-Multi auf den Pelz, aber mehr als 0,1 Prozent der Stimmen des auf den Hauptversammlungen anwesenden Kapitals haben sie bisher nie erreicht. Der hohe Stimmanteil für die „Kritischen“ ist vor allem darauf zurückzuführen, daß die Kleinaktionäre im Gegensatz zu früheren Jahren massenhaft zur Hauptversammlung in die Kölner Messehallen strömten. Rund 20.000 hatten sich aufgemacht, viele davon offensichtlich mit dem Ziel, ihre Unzufriedenheit zu dokumentieren. Als 1983 kritische Aktionäre erstmals auf der Hauptversammlung von Bayer aufkreuzten, waren nur rund 2.000 Aktionäre gekommen. Die 20.000 ließen sich von den kenntnisreichen Vorträgen der „Kritischen“ über Tierversuche, Gentechnik, Giftmüll, Pestizide und Arbeitsschutz in der Dritten Welt offensichtlich beeindrucken und folgten zum großen Teil den Anträgen der Opponenten. Uwe Friedrich von der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ sieht einen Grund darin, daß die Kritiker intensiver als bisher dazu aufgefordert hatten, mit Nein zu stimmen. Der wichtigste Grund sei jedoch, daß viele Menschen dem Konzern wegen ihrer Sorge um „Mensch, Tier und Umwelt einen Denkzettel verpassen wollten“. H.O.
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