: Exoten im Polit-Dschungel
■ Tagung des Entwicklungspolitischen Runden Tisches
Berlin. Auch wenn inzwischen Entwicklungspolitik als eigenständiges Politikfeld, als nicht auf Entwicklungshilfe reduzierbare Notwendigkeit anerkannt wird, als Exoten gelten die damit professionell oder gar ehrenamtlich Befaßten allemal. Wen wundert es, daß es den Entwicklungspolitischen Runden Tisch als einen der letzten seiner Art noch gibt. Im Bonhoeffer- Haus der Evangelischen Akademie tagten sechzig Teilnehmer einschlägiger Nicht-Regierungsorganisationen (NRO) der SPD, PDS und des Neuen Forums sowie des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Dessen Minister Karl- Dietrich Spranger (CSU), der über einen berufenen Wissenschaftlichen Beirat verfügt, hat bereits Interesse für eine Zusammenarbeit bekundet. Offen ist, ob sich das BMZ einen gesellschaftlichen Beirat leistet. Eine Profilierung des Runden Tischs zu einem solchen war von den NRO vor allem im Herbst 1990 intensiv diskutiert worden.
Die Nicht-Regierungs-Organisationen fordern seit einigen Jahren neue Ansätze und Richtlinien für die deutsche Entwicklungspolitik, orientiert an Friedenssicherung, Gerechtigkeitsstreben, Umweltschutz und Menschenrechten. Die bisherige Arbeit des BMZ, so räumte Referatsleiter Rügner ein, ist bestimmt von einem kurzfristigen Planungs- und Umsetzungshorizont und den Wahlterminen hierzulande.
Angesprochen wurde die prekäre Finanzsituation der NRO in den neuen Ländern. Der Rückgang an Spenden für Auslandsprojekte ist erheblich. Er beträgt zum Teil über 50 Prozent. In diesem Zusammenhang einigte sich der Runde Tisch auf eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der wichtigsten Ost- NRO, die gemeinsam mit dem Solidaritätsdienst International (SODI) über die Verwendung jener 54 Millionen Mark beraten soll, die doch noch aus den Solidaritätsaufkommen verwaltet werden. Die Gelder werden bisher nicht von der Treuhand beauflagt.
Angenehm auch diesmal das Ausklammern parteipolitischer Darstellungssucht und Querelen, wenngleich manchem etwas der politische Biß des Runden Tisches fehlte. Niemand, der mit Nachdruck forderte, daß ein globaler Solidaritätsgedanke in die neue Verfassung der Bundesrepublik aufgenommen werde. Uwe Prüfer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen