piwik no script img

Die Anderen

■ Le Monde-betr.: Berlin

Betr.: Berlin

Die Wahl Berlins muß nicht als die leidenschaftliche Rückkehr eines deutschen Nationalismus interpretiert werden, der gierig darauf ist, den wilhelminischen Prunk wiederzufinden oder, schlimmer gar, die kriegerischen Aufmärsche unter dem Brandenburger Tor. Indem sie nach Berlin zurückkehren, haben die Deutschen das Gefühl, eine Rückkehr zu ihrer Geschichte zu unternehmen, zu ihrer ganzen Geschichte mit ihrer Größe und ihren Verbrechen. Bonn dagegen verkörpert nur ein glückliches Kapitel auf dem Schicksalsweg dieses „schwierigen Vaterlandes“.

Laßt uns die Lehren aus der Vergangenheit ziehen, aber zugleich die Zukunft vorbereiten: Dies ist die Botschaft, die die Mehrheit der gewählten Repräsentanten des deutschen Volkes ausgeben wollten. [...] Die geopolitischen Erschütterungen im vergangenen Jahr in Mittel- und Osteuropa geben den Deutschen das Bewußtsein ihrer Scharnierlage in Europa zurück. Aus diesem Blick ist die Wahl Berlins auch ein Einsatz auf den Erfolg der Rückkehr der vom sowjetischen Joch befreiten Nachbarn Deutschlands zu einem demokratischen und prosperierenden Europa.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen