: DGB: Treuhand hemmt
■ Treuhand behindert Gründung von Beschäftigungsgesellschaften/ DGB: „Todesstoß für Arbeitsmarktinstrument“/ Politiker sollen helfen
Berlin/Brandenburg. Eine „Arbeitsmarktkrise nach und nach“ in Berlin und in Brandenburg bis zum Jahresende hat der DGB-Landesbezirk Berlin-Brandenburg prognostiziert. Nach seinen Angaben wird es nicht nur am 1. Juli zum „Flugtag“ kommen.
Aus den Betrieben der Treuhandanstalt in Berlin sollen bis 30. Juni rund 21.000 Beschäftigte entlassen werden, bis Ende des Jahres folgen 38.000. Nicht dazugerechnet sind die Beschäftigten aus der sogenannten „Warteschleife“. In Brandenburg werden 33.000 Menschen ihren Arbeitsplatz in Treuhand-Unternehmen zum Monatsende verlieren, im zweiten Halbjahr kommen noch einmal 34.000 hinzu.
Angesichts dieser dramatischen Situation auf dem Arbeitsmarkt sei für viele Menschen die Beschäftigungs- oder Arbeitsförderungsgesellschaft, die in den Betrieben und von den Gewerkschaften entwickelt und zum Teil schon gegründet wurden, eine Chance des Übergangs. „Die Treuhandanstalt behindert die Gründung von Beschäftigungsgesellschaften massiv. Damit versetzt sie diesem einzigen arbeitsmarktpolitischen Instrumentarium den Todesstoß. Sie stiehlt sich dabei auch aus der sozialpolitischen und arbeitsmarktpolitischen Verantwortung, die sie nicht zuletzt bei den Verhandlungen zum Sozialplanrahmen am 31. März 1991 noch beschworen hat“, meint der DGB.
Beschäftigungs- oder Arbeitsförderungsgesellschaften in inhaltlicher, rechtlicher und organisatorischer Nähe zu den „Mutterbetrieben“ seien der Kristallisationspunkt jeder aktuellen Arbeitsmarktpolitik. Nur aus diesen Gesellschaften heraus ließen sich neue Strukturen aufbauen und Perspektiven entwickeln.
Der DGB fordert eine Struktur- und Wirtschaftspolitik des Senats und des Landes Brandenburg, die an einer dynamischen Bestandsentwicklung ansetzt und regionale Potentiale aufgreift und weiterentwickelt. Eine solche Politik müsse gegen eine Degradierung der Region „zur verlängerten Werkbank, gegen Autonomieverlust und gegen West-Dominanz gerichtet sein“. Die Berliner „Initiative 91“ biete hierfür bisher nicht viel.
Der DGB appelliert an den Wirtschaftssenat, sich aktiv am arbeitsmarktpolitischen Rahmenprogramm „Arbeitsplätze für Berlin“ zu beteiligen. Arbeitsförderungs-, Service- und Beschäftigungsgesellschaften seien auch Aktivposten einer Struktur- und Wirtschaftspolitik. Alle Projekte zur Arbeitsmarktpolitik müssen eingebunden sein in perspektivische Struktur- und Wirtschaftspolitik. Berlin besitze in den nächsten zehn Jahren die Chance, zu einem dynamischen Zentrum vor allem der produktionsnahen Dienstleistungen zu werden. Zumindest eröffne sich hier ein lohnenswertes Ziel „beschäftigungsorientierter Strukturpolitik“, das auch mit ökologischen Zielen kompatibel sei. In einem Agglomerationsraum von zukünftig vermutlich sechs bis acht Millionen Einwohnern sei ökologische Strukturpolitik lebensnotwendig, fordert der DGB. adn
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