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Keinen Anspruch auf "die" Moral

■ Betr.: "Wochen für das Leben", taz vom 17.6.91

betr.: „Wochen für das Leben“ von Götz Aly, taz vom 17.6.91

Ein Gesetz der Logik sagt: Wer aus einer falschen Voraussetzung etwas folgert, hat insgesamt immer Recht. Deshalb ist die Argumentation der katholischen Kirche in Sachen Abtreibungsverbot für alle Frauen in sich schlüssig und ohne Angriffspunkte. Doch:

1.Die „Hexen“-Verfolgung und Inquisition in Europa war ein in sich widerspruchsfreier Massenmord für den die katholische Kirche sich meines Wissens nie entschuldigt oder sonstwie davon distanziert hat.

Papst Piux XII. hätte gegen den Massenmord an den Juden offiziell protestieren können. Er schwieg. Deshalb hat die katholische Kirche keine Autorität in Fragen der Moral und des Lebens.

2.Gerade die Verfolgung von Frauen als Hexen zeigt, daß sie — der Hort des Bösen und der Sünde (erst spät wurde ihnen eine Seele zugesprochen) - als die zu Beherrschenden angesehen wurden. In der Kontinuität dieses Denkens liegt die Unfähigkeit begründet, die andere Moral zu sehen: verantwortungsvoll und selbstbestimmt das eigene Leben zu gestalten.

Also hat die katholische Kirche keinen Anspruch, die Moral für sich zu reklamieren und ungewollt schwangeren Frauen vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Wiebke Schaal, Bremen

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