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Schlagstockeinsatz gegen Neonazis

Trotz Verbots versammelten sich 400 Rechtsextremisten in Roding/ Polizei stoppte den Aufmarsch  ■ Aus Roding Bernd Siegler

Erst mit Schlagstockeinsatz konnte die Polizei am Samstag eine verbotene Versammlung von etwa 400 Alt- und Neonazis aus ganz Deutschland in Roding in der Oberpfalz auflösen. In diese Kleinstadt hatte die militante „Nationalistische Front“ (NF) zu einer „Bundesveranstaltung“ unter dem Motto „Schluß mit dem Holocaust“ eingeladen. Mit Hilfe internationaler Referenten sollte dort die sogenannte „Auschwitz-Lüge“ propagiert und der millionenfache Massenmord des Naziregimes geleugnet werden. Ein Thema, das — laut Bundesinnenminister Schäuble — in der gesamten rechten Szene derzeit Konjunktur hat.

Nach dem Landratsamt in Cham hatten auch das Regensburger Verwaltungsgericht und schließlich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München die Versammlung verboten. Davon ließen sich die Rechtsextremisten nicht abschrecken, das Revisionismus-Thema erwies sich damit zum wiederholten Male als Klammer zwischen den sogenannten Ewiggestrigen Altnazis und militanten Neofaschisten.

Trotz des Verbots versammelten sich die Rechtsextremisten schon in den frühen Morgenstunden auf zwei Parkplätzen in der Nähe von Roding. Als Kommandozentrale diente ihnen ein Mercedes-Transporter mit polnischem Kennzeichen, der mit einer Fahne in den Farben des Deutschen Reiches (schwarz-weiß-rot) weit sichtbar neben der B85 zwischen Schwandorf und Cham stand. In Roding selbst riegelte die Polizei die Eingänge zu dem Veranstaltungslokal, dem Brauereigasthof „Greiner“, ab. Helmut Braun, in der internen Hierarchie der „Nationalistischen Front“ an dritter Stelle, unterrichtete die ankommenden Sympathisanten über die Lage. Etwa 150 Veranstaltungsteilnehmer versammelten sich daraufhin im Gasthof, die dort — so der Polizeibericht — „Speisen und Getränke einnahmen“. Währenddessen versammelten sich 200 Neonazis im Wald bei Roding und warteten auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der um 12.30 Uhr das Verbot bestätigte.

Das Landratsamt Cham hatte in Übereinstimmung mit dem bayerischen Innenministerium bereits am Freitag nachmittag wegen zu erwartender Straftaten wie Beleidigung oder Volksverhetzung auch alle Ersatzveranstaltungen verboten. Nachdem die Rechtsextremisten im Gasthof einschlägige Lieder angestimmt hatten, räumten Polizeibeamten kurz nach Mittag den Gasthof. Zur gleichen Zeit marschierten die im Wald wartenden Rechtsextremisten zum Gasthof „Greiner“, wurden aber kurz vor dem Ziel von einer Polizeisperre aufgehalten. Insgesamt 400 Alt- und Neonazis zogen daraufhin stadtauswärts und wurden dort wieder von der Polizei gestoppt. Sie skandierten „Freiheit für Deutschland“, „Weg mit der Lüge“, „Stasi raus“, „Wir sind das Volk“ und „Deutsche Polizisten schützen Zionisten“. Einer Aufforderung der Polizei, die Versammlung aufzulösen, kamen die Veranstalter mit NF- Generalsekretär Meinolf Schönborn an der Spitze nicht nach. Nachdem Einsatzbeamte das Megaphon der NF beschlagnahmt hatte, griffen etwa 150 militante Neonazis Polizeibeamte an, die sich mit Schlagstockeinsatz wehrten. Die Polizei nahm einen 22jährigen aus Berlin und einen 53jährigen aus Fürth vorläufig fest. Danach löste sich die Versammlung auf.

Unter den Versammlungsteilnehmern befand sich auch eine Gruppe aus den neuen Bundesländern, darunter Steffen Ruckdäschel, Mitglied des sächsischen Landesverbands der „Republikaner“. Ruckdäschel skandierte die Parolen der Neonazis begeistert mit. Erst drei Tage zuvor hatte der bayerische Innenminister Edmund Stoiber anläßlich der Vorlage des bayerischen Verfassungsschutzberichts den „Republikanern“ einen Persilschein erteilt. Der Verdacht, daß es sich bei den Reps um eine verfassungsfeindliche rechtsextreme Partei handele, sei „ausgeräumt“. Extremistische Positionen ließen sich weder im Programm, noch in der Praxis, noch in der personellen Zusammensetzung der Reps erkennen, betonte Stoiber.

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