: Bremer Filz vorm Staatsgerichtshof
■ 39 Abgeordnete wollen eine Garantie öffentlicher Stellenausschreibungen
Noch vor dem Urteil über die Rechtmäßigkeit des neuen Beirätegesetzes, das der Bremer Staatsgerichtshof am kommenden Montag verkünden wird, steht bereits ein weiteren Antrag auf dem Programm der obersten Bremer Richter: 39 Bürgerschaftsabgeordnete von CDU, Grünen und FDP wollen die bremische Vergabepraxis bei wissenschaftlichen Stellen und hohen Beamtenposten prüfen lassen.
Das teilten gestern auf einer gemeinsamen Pressekonferenz der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Kudella und der Geschäftsführer der Grünen, Rainer Oellerich, mit. Aufgeschreckt durch den „Fall Griesche“, wo durch persönliche Patronage des Finanzsenators der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Detlev Griesche zum Professor für Politik an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung ernannt werden soll, wollen die Abgeordneten den Spielraum für Filzokratie gesetzlich auffüllen.
Ausgangspunkt für die Anfrage der Abgeordneten ist die Tatsache, daß viele Stellen im wissenschaftlichen Bereich und im Bereich der höheren Beamtenstellen nicht öffentlich ausgeschrieben werden. Zwar sei der Fall Griesche in seiner Dimension auch in Bremen ein Einzelfall. Tatsächlich aber sei die Vergabe der Stellen gesetzlich derzeit noch ungeregelt, erklärte CDU- Chef Kudella. Kudellas Kritik richtete sich besonders auf sog. Eingangsstellen, also Posten, die neu besetzt werden.
Der Bremer Rechtsprofessor Karl-Heinz Ladeur, der die Abgeordneten vor dem Staatsgerichtshof vertritt, sieht in der fehlenden Ausschreibung bei der Vergabe wichtiger Verwaltungsjobs und wissenschaftlicher Stellen gravierende Verstöße gegen die Landesverfassung. „Es widerspricht der in der Landesverfassung geregelten Chancengleichheit für den Zugang im öffentlichen Dienst und der Wissenschaftsfreiheit, die ebenfalls in der Landesverfassung garantiert sei“, sagte Ladeur, und verwies auf die entsprechenden Paragraphen der Landesverfassung, 128 und 11.
Der Grüne Rainer Oellerich erhofft sich durch gesetzlich festgeschriebene, öffentliche Ausschreibungen „einen Gewinn von politischer Kultur unserer Stadt“. Die Unabhängigkeit des Verwaltungsapparates gegenüber personellen Eingriffen der Regierung sei nur dann gewährleistet, wenn die entsprechenden Stellen in einem fairen Verfahren vergeben würden.
Die Abgeordneten wollen ihre Anfrage in der nächsten Woche beim Staatsgerichtshof einreichen. mad
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