: Türkische Polizei tötet 10 militante Linke
■ Großrazzia gegen Dev Sol soll die Gefahr eines Anschlags auf George Bush in der Türkei senken
Istanbul (ap/afp/dpa) — Bei einer Großrazzia in Istanbul hat die türkische Polizei in der Nacht zum Samstag zehn Mitglieder der militanten linken Gruppe Dev Sol (Revolutionäre Linke) getötet. Ein Dev-Sol- Anhänger und zwei Polizisten wurden verwundet. Der Polizeichef von Istanbul teilte mit, bei der Aktion seien 100 Bomben, 30 Gewehre und 2.000 Schuß Munition sichergestellt worden. 12 Personen wurden festgenommen.
Die Polizisten hatten Presseberichten zufolge am Freitag abend drei Häuser in der Istanbuler Innenstadt umstellt, in denen sie Dev-Sol- Angehörige vermuteteten. Die Aufforderung, sich zu ergeben, hätten diese abgelehnt und das Feuer eröffnet. Es habe eine mehrstündige Schießerei gegeben, bevor die Polizei die Häuser gestürmt habe. Nach Angaben der halbamtlichen Nachrichtenagentur 'Anatolien‘ verwendete die Polizei bei dem Einsatz auch Sprengstoff.
Nach Auffassung türkischer Sicherheitsbehörden hat die Polizeiaktion die Gefahr eines Anschlags auf US-Präsident George Bush eine Woche vor dessen Türkei-Besuch verringert. Innenminister Mustafa Kalemli erklärte am Sonntag, die Polizeioperation habe deutlich gemacht, wie sich Terroristen auf den Bush-Besuch vorbereitet hätten. Die Polizei habe eine Reihe von Attentatsplänen gefunden, die in den nächsten Tagen realisiert werden sollten.
Einer der Dev-Sol-Führer, Pesa Güven, war am Donnerstag in Paris von unbekannten Tätern ermordet worden.
Protestmärsche und Tote in türkisch Kurdistan
Cizre/Kahramanmaras (ap/afp/ dpa) — Tausende Demonstranten haben am Samstag in den südostanatolischen Gemeinden Cizre, Idil und Nusaybin gegen den brutalen Einsatz der türkischen Polizei bei der Beerdigung des kurdischen Oppositionspolitikers Vedat Aydin in Diyarbakir demonstriert. Durch Schüsse in die Trauergemeinde waren am Mittwoch mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Die Demonstranten blockierten am Samstag die Straße zwischen Nusaybin und Cizre. Auch aus Konya in Zentralanatolien sowie dem westlichen Izmir wurden Protestkundgebungen gemeldet. Nach Aussagen lokaler Beobachter wurden die Demonstrationen von der Polizei aufgelöst. Dies geschah nach Polizeiangaben ohne Zwischenfälle. Die türkische Nachrichtenagentur 'Anatolien‘ berichtete dagegen, mehr als 100 Kurden, die regierungsfeindliche Parolen skandierten, seien in Polizeigewahrsam genommen worden.
Bei zwei Überfällen kurdischer Guerillas sind nach offiziellen türkischen Angaben am späten Samstag abend in der südostanatolischen Provinz Kahramanmaras neun Menschen getötet und vier verletzt worden. Nach Angaben des Provinzgouverneurs von Kahramanmaras, Mustafa Demir, richteten sich die beiden zeitgleich gegen 23.00 Uhr gestarteten Überfälle der schwer bewaffneten Guerillas gegen das Dorf Harmancik nahe der Stadt Pazarcik sowie gegen das Haus eines dem türkischen Staat gegenüber loyalen kurdischen „Dorfschützers“ in dem Ort Caglayancerit. Die vermutlich der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) angehörenden Guerillas konnten Demir zufolge vor dem Eintreffen der Sicherheitskräfte entkommen. Die „Arbeiterpartei Kurdistans“ führt seit sieben Jahren einen Guerillakrieg gegen den türkischen Staat und fordert einen eigenen Staat.
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