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Markus Wolf beantragt in Wien Asyl

■ Der Meisterspion der Stasi wurde in Österreich aufgespürt und verhört/ Wegen Spionage kann er an die Bundesrepublik nicht ausgeliefert werden/ Asylantrag soll Abschiebung verhindern

Berlin (taz) — Das Versteckspiel hat ein Ende: Markus Wolf, geheimnisumwitterter früherer Chef der Auslandsspionage der DDR, ist am Sonntag abend von den Sicherheitsbehörden in Österreich aufgespürt und anschließend mehrere Stunden lang verhört worden. Der 68jährige, gegen den die Alpenrepublik ein Aufenthaltsverbot erlassen hat, reagierte prompt: Als politisch Verfolgter stellte er gestern bei den zuständigen Behörden einen Asylantrag. Markus Wolf, von der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe steckbrieflich wegen Spionage gesucht, kam damit einer möglichen Abschiebung und anderen „fremdenpolizeilichen Maßnahmen“ zuvor. Bis zur Entscheidung über seinen Asylantrag sind sämtliche Maßnahmen gegen Wolf ausgesetzt.

Nach seiner Vernehmung in Wien wurde der ehemalige Leiter der Auslandsaufklärung wieder auf freien Fuß gesetzt. Für weitere Verhöre muß Wolf sich aber weiter zur Verfügung halten. Österreichs Innenminister Franz Löschnak erklärte, eine Abschiebung sei „vorerst nicht möglich“. Der Asylantrag werde aber „unverzüglich und rasch“ behandelt. Auf Anfrage hieß es im Wiener Innenministerium weiter, mit einer Entscheidung sei bereits heute oder morgen zu rechnen.

Besondere Chancen werden „Mischas“ Asylbegehren allerdings nicht eingeräumt. Ohne dem Gerichtsverfahren vorgreifen zu wollen, sagte Löschnak, er sehe persönlich „keine große Chance für eine positive Erledigung“. Sollte Wolfs Antrag abgelehnt werden, kann er innerhalb von zwei Wochen Einspruch erheben.

Sollte der neue Bescheid wiederum negativ ausfallen, droht dem ehemaligen Meisterspion die Abschiebung in das Land, aus dem er eigereist ist: in die Sowjetunion. Von dort war Wolf am 30. August aus Moskau kommend über den Wiener Flughafen eingreist und anschließend untergetaucht.

Eine direkte Auslieferung in die Bundesrepublik droht Wolf seitens der Alpenrepublik aber nicht. Spionage gilt nach österreichischem Recht als politischer Tatbestand, der nicht unter das Auslieferungsabkommen zwischen Bonn und Wien fällt.

Die Bundesregierung wurde gestern vormittag von der Aufenthaltsermittlung Wolfs verständigt. Via Fernschreiben teilte das Wiener Innenministerium der Bonner Tochterbehörde mit, „seit dem 15. 9. befindet sich Markus Wolf unter der Kontrolle der österreichischen Sicherheitsbehörden“. Hinter den Kulissen wurde dennoch kräftig verhandelt. So hat das Wiener Innenministerium nach Auskunft Löschnaks bei der Bonner Regierung nachgefragt, ob nicht zusätzliche Verdachtsmomente über den Spionagevorwurf hinaus vorliegen.

Das Bonner Justizministerium bedauerte gestern, daß Wolf nach europäischen Übereinkommen „nicht auslieferungsfähig“ ist. Minister Klaus Kinkel (FDP) hat nach den Worten seines Sprechers sofort nach der Benachrichtigung mit seinem österreichischen Kollegen Nikolaus Michalek telefoniert und ihm dabei das dringende Interesse der Bundesregierung an einer Überstellung bedeutet. Kinkels Wunsch: „Wir hoffen, daß die Österreicher eine Möglichkeit finden, uns Herrn Wolf zugänglich zu machen“. In die gleiche Kerbe hieb auch SPD-Vorstandsmitglied Angelika Barbe. In einem Rundfunkinterview erklärte sie, „es kann nicht sein, daß bei uns die kleinen Leute alle überprüft werden, und dieser Mann, der die Verantwortung mitgetragen hat, frei herumläuft und dann wieder abgeschoben wird“. Nicht wegen Spionage, sondern „wegen krimineller oder verbrecherischer Umtriebe“ möchte sie den smarten Geheimdienstmann ausgeliefert sehen.

Das Wiener Ministerium hat mehrfach unterstrichen, Wolf als unerwünschten Ausländer abschieben zu wollen. Österreich solle schließlich „kein Asylland für Stasi-Leute werden“. Wolfgang Gast

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