: HAI-NOON im Naturkundemuseum
■ 50 Jahre Unterwasserforschung: Der »Herr der sieben Weltmeere« und erster Tiefseetaucher, Hans Hass, stellt Exponate aus einer phantastischen Welt aus/ Er heiratete die erste Frau auf dem Meeresboden/ Furchtlos auf Haie zugeschwommen
Mitte. Schon etwas wacklig auf den Beinen, aber mit ungebrochenem Elan eröffnete der 72jährige, legendäre »Herr der sieben Meere«, Hans Hass, am Montag abend im Ostberliner Naturkundemuseum eine sehenswerte Ausstellung: ein halbes Jahrhundert Tauchen und Unterwasserforschung. Während es seine Mitschüler eher in die Berge zog, war der Wiener Abiturient Hass 1937 der erste, der mit einer Taucherbrille in die Tiefe der Meere ging und von dort mit sensationellen Fotos und Filmaufnahmen zurückkehrte. 1941 entwarf der Pinonier der Unterwasserwelt das erste Schwimmtauchgerät, indem er ein U-Boot-Austauschgerät zu einem Sauerstoff-Kreislaufgerät umbaute. Der Tauchsport war geboren.
Anschließend erforschte und filmte der Zoologie-Student, der 1943 an der heutigen Humboldt-Universität seine Doktorarbeit über »Reteporiden« schrieb, die Tiefen der Weltmeere. Sein erster Film Wir lebten unter Fischen wurde weltberühmt: Er eröffnete den Menschen eine bis dahin unbekannte Welt. Nachdem die 200. Vorführung des Films im Berliner Planetarium immer noch ausverkauft und kein Ende der Schlange absehbar war, mietete Hass kurzerhand zweimal die Deutschlandhalle: Auch hier war die Nachfrage größer als die Zahl der zu vergebenden Plätze.
Aus dem Erlös der Aufführungen und mit Unterstützung deutscher Schiffsbaufirmen finanzierte Hass 1942 seine nächste Expedition, die ihn ins Ägäische Meer führte. Dort entstand der legendäre Schwarzweißfilm Menschen unter Haien. Ein Ausschnitt daraus wurde am Montag abend im Naturkunde-Museum vorgeführt. O-Ton Hans Hass von 1942 aus dem Off: »Hier unten ist unser sehnlichster Wunsch in Erfüllung gegangen, Aufnahmen zu drehen, auf denen nicht bloß ein Hai allein, sondern Mensch und Hai auf dem gleichen Bild zu sehen sind. Unsere Berichte aus der Karibischen See waren ja immer wieder angezweifelt worden. Man hat sogar behauptet, unsere Fotos wären Trickaufnahmen. Jetzt endlich war es möglich, durch dokumentarische Filmaufnahmen einwandfrei den Beweis zu erbringen, daß man vor Haifischen wirklich nicht soviel Angst zu haben braucht, und daß es wirklich möglich ist, sie in die Flucht zu jagen, wenn man bloß mutig auf sie losschwimmt. Ja, es gelang uns sogar, die Attacke eines Haifisches zu filmen, dem sich Alfred, weil der Schrei hier nichts half, nur durch kühnes Draufgängertum erwehren konnte. Hier schießt der Hai direkt auf den Alfred los, dreht aber ab, weil dieser nicht Angst zeigte, sondern im Gegenteil, ihm mutig entgegengeschwommen war.«
Auch in anderer Hinsicht ist der Film ein Dokument seiner Zeit: Im Abspann steigert sich Hans Hass in den Stakkatostil eines Wochenschau-Sprechers in Nationalsozialismus hinein: »Sobald die Meere wieder frei sind, wollen wir auf eine neue Expedition hinausfahren, um dort ein weiteres Bollwerk der Meerestiefen zu ergründen.« (Siehe auch Interview).
Mit seiner Assistentin Lotte Baierl — die erste Frau auf dem Meeresboden wurde später Hass' Frau —, ergründete der Forscher in den 50ern mit dem Expeditionsschiff »Xarifa« die Tiefen der Weltmeere. Das Paar war auch Hauptdarsteller der ersten Spielfilme mit farbenprächtigen Unterwasseraufnahmen. Plutonia Plarre
Die Ausstellung ist noch bis zum 2. Februar, di-so 9.30-17.00 Uhr, im Naturkundemuseum in der Invalidenstraße zu sehen.
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