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WUNDER DER WISSENSCHAFT Von Dr. Erdling

Unser Universalgenie Goethe soll es noch auf dem Sterbebett gerufen haben, doch erst jetzt, mehr als 150 Jahre später, scheint die Botschaft angekommen: „Mehr Licht!“. Die Lichttherapie verspricht, zur Medizin der Zukunft zu werden, vor allem in der Tumorbehandlung sind in jüngster Vergangenheit große Erfolge erzielt worden, so daß manche schon von dem langersehnten Durchbruch in der Krebstherapie sprechen. Bei der photodynamischen Therapie (PDT) wird Laserlicht über ein Glasfaserkabel an die entsprechenden Körperstellen geleitet. Dort trifft es auf im Tumorgewebe abgelagerte Moleküle, sogenannte Photosensibilatoren, die energetisch angeregt werden und eine Reihe biochemischer Prozesse auslösen, die das erkrankte Gewebe von innen heraus zerstören. In Deutschland sind drei Forschungsgruppen — in Berlin, Bremen und Heidelberg — mit diesem neuen Verfahren beschäftigt, das nach erfolgreichen Tierversuchen demnächst in die klinische Prüfung geht. Das nobelpreisverdächtige Verfahren gilt als einfach und problemlos und kann, wenn es vollständig ausgereift ist, in jedem Krankenhaus angewandt werden. In den USA haben sich schon über 5.000 Patienten der Lichttherapie unterzogen, bis 1996 sollen dort 400 Behandlungszentren eingerichtet werden. Noch nicht auf deutsch erhältlich ist ein Buch, das die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten der Lichttherapie darstellt: Light — medicine of the future (Verlag Bear & Company).

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Ist das Gehirn überflüssig? Dieser merkwürdigen Frage geht der amerikanische Autor Michael Talbot in seinem Buch Jenseits der Quanten nach. Er berichtet von den Recherchen des britischen Neurologen John Lorber an der Universität Sheffield, der Menschen mit extrem wenig Gehirnzellen untersuchte — etwa einen Studenten, der nur über eine 1 Millimeter dünne Schicht von grauen Zellen verfügte — der Rest seines Gehirns bestand aus Wasser! Dennoch hatte der Student einen Intelligenzquotienten von 126 und verhielt sich auch ansonsten ganz normal. Lorber stieß bei seiner Untersuchung auf zahlreiche Fälle, bei denen Menschen ohne Gehirn vollkommen normal lebten und meistens einen überdurchschnittlichen IQ aufwiesen. Ob trotz oder wegen ihres Defizits, ist die Frage. Vielleicht ist ja auch beim Gehirn weniger einfach mehr.

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Gute Nachricht für Raucher kommt von der „American Chemical Society“, bei deren Treffen japanische und amerikanische Forscher ihre Studien über grünen Tee als krebsvorbeugendes Mittel vorstellten. Der unfermentierte grüne Tee hat sich bei Versuchen in New York und Tokio als äußerst erfolgreich bei der Abwehr von Lungen- und Hautkrebs erwiesen: Teetrinkende Mäuse zeigten sich als deutlich weniger krebsanfällig. Verantwortlich für den Effekt ist die Chemikalie Epigallocatechin (ECGC), die in grünem Tee reichlich enthalten ist und beim Fermentieren verlorengeht. Die genaue Wirkungsweise im menschlichen Organismus des ECGC ist noch unklar, die Forscher wiesen aber auf eine erstaunliche Tatsache hin: Obwohl in Japan viel mehr geraucht wird als in anderen Ländern, ist die Lungenkrebs- Rate dort äußerst niedrig. Dies wird auf den traditionell dort getrunkenen grünen Tee zurückgeführt. Andererseits tritt Magenkrebs in Japan häufiger auf als in Ländern, in denen fermentierter schwarzer Tee bevorzugt wird.

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