Polen: Tyminskis „Partei X“ am Ende?

Warschau (taz) — Stanislaw Tyminski, dem geheimnisvollen kanadischen Geschäftsmann, der bei den polnischen Präsidentschaftswahlen im Frühjahr Ex-Premier Mazowiecki aus dem Rennen warf, droht nun das politische Aus in Polen.

Nachdem die staatliche Wahlkommission in über eintausend Fällen festgestellt hat, daß auf den Unterschriftenlisten von Tyminskis Partei auch Tote und nicht existente Personen erscheinen, darf seine „ParteiX“ nur noch in den Wahlkreisen antreten, in denen sie die erforderliche Unterschriftenanzahl ohne Fälschungen zusammenbrachte. So können ihre Sejmkandidaten nur noch in vier Wahlbezirken antreten, womit sich die Zahl der möglichen Abgeordneten auf maximal 44 von 460 beschränkt. Die Klage der Partei vor dem Woiwodschaftsgericht Warschau wurde inzwischen rechtskräftig abgewiesen.

Tyminski hatte die Partei, die ihn inzwischen zu ihrem „Führer“ (przywodca) wählte, im Frühjahr gegründet. Schon die Parteigründung war recht chaotisch verlaufen — nachdem in der Presse zahlreiche Berichte über antisemitische Äußerungen auf dem Parteikongreß erschienen waren, hatte Tyminski die Medien von den folgenden Parteiveranstaltungen ausgeschlossen. Im August hatte Tyminski dann Armee, Polizei und Präsident Walesa aufgefordert, vor den Wahlen das Privatisierungsprogramm auszusetzen, um den „Ausverkauf Polens in fremde Hände“ zu verhindern. Für Streit innerhalb der Partei sorgte dabei auch die Entlassung des bisherigen Finanzdirektors der Partei, dem Unterschlagungen vorgeworfen wurden.

In der Führungsgruppe der Partei tauchten auch immer mehr Mitglieder des Betonflügels der aufgelösten PVAP und ehemalige Geheimpolizisten auf. In ein schiefes Licht geriet die Partei X bereits, als sich herausstellte, daß sie sich ihr Büro in der Warschauer Innenstadt mit der „Patriotischen Vereinigung Grunwald“ teilt. „Grunwald“ wurde 1981 gegen den Reformerflügel in der PVAP gegründet und durch ihre nationalistische, antisemitische und antideutsche Haltung bekannt. Jerzy Kossecki, faktische Nr.2 der Partei und Redakteur des Parteiorgans 'List X‘ („X-Brief“) entstammt „Grunwald“ und war auch Berater des Zentralkomitees der PVAP. Auch Tyminskis Stellvertreter Jozef Ciurus kommt von Grunwald, andere entstammen dem Verteidigungsministerium oder sind ehemalige kommunistische Geheimpolizisten.

Mit der juristischen Ausschaltung von Tyminskis Partei ist das politische Problem Tyminski noch nicht gelöst. Umfragen zeigen, daß sich inzwischen ca. ein Drittel von Polens Wählern in die Volksrepublik zurücksehnt. Bei den Präsidentschaftswahlen erhielt Tyminski über zwei Millionen Wählerstimmen. K. Bachmann