: Unions-Ökos wollen Raser bremsen
■ Umweltpolitiker in CDU und CSU fordern Tempo 120/ Stadtstinker sollen zur Kasse gebeten werden
Berlin (taz/afp) — Umweltpolitiker aus der Union haben am Wochenende vehement ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen gefordert. Nur Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) will weiter auf eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung verzichten.
Die Landesversammlung des CSU-Arbeitskreises Umwelt verlangte in Nürnberg eine „generelle Geschwindigkeitsbegrenzung“. Ihr Vorsitzender Josef Göppel betonte, ohne Tempolimit sei eine glaubwürdige Umweltpolitik nicht möglich. Vor seiner Wiederwahl mit fast 93Prozent der Stimmen kündigte Göppel an, auf dem ordentlichen CSU-Parteitag im November für ein Tempolimit kämpfen zu wollen. Die Chancen stehen besser als erwartet: Die Zahl der Tempolimit-Anhänger in der CSU hat zugenommen. Allein die Mitgliederzahl des Arbeitskreises sei binnen dreier Monate von rund 3.700 auf mehr als 4.000 gestiegen, so Göppel. Und selbst 'Auto- Bild‘ meldet inzwischen, daß eine deutliche Mehrheit in Ost und West für eine generelles Tempolimit ist — die Untersuchung halte Verkehrsminister Krause unter Verschluß.
Den anwesenden Bundesumweltminister Töpfer focht das nicht an: Er kann sich ein generelles Tempolimit vorläufig nicht vorstellen. Töpfer schwenkte sogar weiter auf Krauses Kurs ein und forderte, vor allem mit Verkehrsleitsystemen die schädlichen Auswirkungen des Autoverkehrs auf die Umwelt einzudämmen.
Geradezu geohrfeigt fühlen muß sich Töpfer vom Bundesfachausschuß „Umweltpolitik“ der CDU. Auch der hatte am Wochenende mit Unterstützung des Umweltbundesamtes eine Höchstgeschwindigkeit von 120 oder 130 Kilometer auf Autobahnen gefordert. Wer als Umweltschützer nicht für eine Tempolimit sei, „hat den Beruf verfehlt“, so Ausschußvorsitzender Kurt-Dieter Grill. Die besten Chancen für ein Tempolimit bietet derzeit ein Antrag der niedersächsischen Landesregierung. Der liegt im Bundesrat vor, wird aber von den Unionsländern bislang abgelehnt.
Während der Streit ums Tempolimit weiter tobt, kommen sich die Bonner Altparteien bei der Begrenzung des Innenstadtverkehrs nach einer Umfrage von 'Bild am Sonntag‘ näher: Wer künftig mit dem Auto in die Innenstädte fährt, soll dafür extra bezahlen. Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) hält eine City- Maut für eine geeignete „materielle Denkhilfe“, wenn der Nahverkehr funktioniert. Ähnlich denkt der SPD-Umweltexperte Harald Schäfer, der für Innenstadtstinker eine City-Plakette für rund 100 Mark jährlich und eine massive Erhöhung der Parkgebühren auf 10 Mark pro Stunde fordert. Blüms Kollege Töpfer regte an, daß Autofahrer ihre City-Parkplätze im voraus fest buchen müssen. Und Bauministerin Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP) will nur noch vollbesetzte Autos kostenlos in die Innenstädte lassen. Wer allein fährt, soll sogar überhaupt nicht mehr reinkommen in die City. ten
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