: Olympisches Nachspiel um 15 Millionen
■ Kommissarischer Nachfolger von Olympia-Manager Lutz Grüttke ist Dietrich Hinkefuß/ Rechtliche Schritte gegen Grüttke nicht ausgeschlossen/ Diepgen besteht auf Auswahlhoheit des Aufsichtsrates
Berlin. Als eine seiner ersten Amtshandlungen traf sich gestern abend der kommissarische Geschäftsführer der Olympia GmbH, Dietrich Hinkefuß, mit seinem Vorgänger Lutz Grüttke und dem Werbemanager Michael Schirner. Wie Hinkefuß am Nachmittag gegenüber der taz erklärte, sei Thema der Runde der Vertrag zwischen Grüttke und Schirmer, der den ehemaligen IBM-Manager seinen Posten als Chef der Olympia GmbH gekostet hat.
Es gehe darum, so Hinkefuß, eine Reihe von offenen Fragen zu beantworten. So sei noch unklar, was es mit der Summe von 15 Millionen auf sich hat. Auf diesen Betrag soll sich angeblich das Vertragsvolumen belaufen. Damit hätte Grüttke jedoch gegen seine Verpflichtungen als Geschäftsführer verstoßen, denn die Vergabe einer solchen Summe bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrates.
Dieser hatte sich, nachdem er Kenntnis von dem Geschäft bekam, auf seiner Sitzung am letzten Freitag sehr verärgert gezeigt. Grüttke hatte daraufhin während der Sitzung um seine Entlassung gebeten.
Hinkefuß wird nun die gesamte Vertragslage prüfen. Aus der Senatskanzlei verlautete allerdings bereits, der Vertrag sei unwirksam, weil ihm die Zustimmung des Aufsichtsrates fehle. Fraglich ist jedoch, ob sich Schirner diese Rechtsauffassung zu eigen macht, immerhin kann er sich darauf berufen, daß Grüttke als Geschäftsführer die Firma alleine nach außen hin vertritt. Dann wäre unter Umständen Grüttke für den Schaden haftbar.
Hinkefuß mochte denn auch rechtliche Schritte gegen Grüttke nicht ausschließen. Allerdings ist man in den Gesprächen um eine gütliche Einigung bemüht, zumal Berlin bei einer Auflösung des Vertrages das stilisierte Bärchengesicht als Maskottchen verlöre.
Für dessen Vermarktung war Schirner ein zehnprozentiger Anteil an den Erlösen zugesagt worden. Die 15 Millionen Mark, die jetzt geprüft werden, bezeichnete Hinkefuß als »Kalkulationsgröße«, basierend auf den für die nächsten Jahre vorgestellten Kosten der Olympia GmbH für Werbung.
Offen ist derweil noch, wer der Nachfolger Grüttkes auch dem Chefsessel wird. Hinkefuß wird diesen Posten wahrscheinlich nur vier Wochen bekleiden. Fest steht hingegen schon, wer den Neuen auswählt. Obwohl das Nationale Olympische Komittee unter Willi Daume sich durch die Auseinandersetzungen um Grüttke stärker in die Olympia-Vorbereitungen eingebracht hat, will Diepgen sich das Heft nicht aus der Hand nehemen lassen.
Die Auswahl des Grüttke-Nachfolgers, so sein Sprecher, Dieter Flämig, sei eine Aufgabe, die der Aufsichtsrat erfüllen müsse. Allerdings, so fügte er hinzu, in engem Einvernehmen mit dem Nationalen Olympischen Komitee. dr
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